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Einleitung

Baggerfunden bekannt gewordenen Kannen des 15- und frühen 16. Jahrhunderts sind
ungestempelt; die auf den Deckeln einiger Stücke angebrachten Hohlpfennige können
allenfalls als Herkunftsbezeichnung, aber nicht als vollwertiger Ersatz für zünftig vor-
geschriebene Marken angesehen werden. Eine wichtige und im Bereiche des Verbandes
sorgfältig beobachtete Bestimmung über das Markenwesen vereinbart die Ämterver-
sammlung vom Jahre 1596. Sie führt für alle Ämter das Dreimarkensystem ein, nach-
dem es in Stralsund schon 1586 gefordert worden, und verlangt, dass das Klarzinn mit
einem Stadt- und zwei Meisterzeichen, das Mankgut dagegen nur mit einem Meister-
zeichen gestempelt werden soll; siehe S. 241, 412. Als man dazu überging, das übliche
Probezinn stärker als bisher zu legieren und als beste Zinnsorte das sog. Kronen- oder
Englisch Zinn zu verarbeiten, erscheinen als Erkennungszeichen für Qualitätszinn die
Marken mit gekrönten Rosen und etwas später die mit Engeln. Die älteste im Bereiche
des wendischen Ämterverbandes bekannte Rosenmarke findet sich auf einer Hamburger
Taufschüssel vom Jahre 1685 (Nr. 818). Als eine der frühesten Engelmarken ist die
des Zinngiessers Johann Hinrich Pias I in Hamburg mit der Jahreszahl 1707 abgebildet
(Nr. 862). In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gehen Rosen- und Engelstempel
nebeneinander her, erscheinen gelegentlich auch zusammen auf einem Gegenstand. Seit
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begegnen uns fast nur noch Engelstempel.
Dass man unter „englisch Feinzinn“ nicht immer reines oder wenigstens fast reines,
sondern nur gutes, im Vergleiche zu anderen Proben wenig legiertes Zinn zu verstehen
hat, wird bildlich durch die unter Nr. 68, 498 und 1853 wiedergegebenen Marken ver-
anschaulicht. Neben dem Engel steht die gekrönte römische Zahl X, die besagt, dass
es sich um zehnteiliges Zinn handelt. Statt der Bezeichnung ENGLISCH ZINN kommt
gelegentlich auch die leicht irreführende Angabe LONDON ZINN vor (Nr. 497).
Die zweite grosse Gruppe des norddeutschen Zinngiesserhandwerks umfasst die
ehemaligen ost- und westpreussischen Gebiete des Deutschen Ordens. Um für die
Kannengiesser dieses Bereiches eine möglichst einheitliche Zinnprobe durchzusetzen,
befassten sich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts häufig die Stände- und Städtetage
mit dem Mischungsverhältnis von Zinn und Blei. Man legte Wert darauf, sich den
Vereinbarungen der wendischen Städte anzupassen; 1391 und 1395 sollen Sendboten
nach Hamburg und Lübeck geschickt werden, um sich nach den dortigen Bestimmungen
zu erkundigen. Die Beschlüsse der Marienburger Tagung vom 9. Juni 1410 bringen
diese Beziehungen klar zum Ausdruck; sie zeigen mit den Verordnungen der Stralsunder
Städteversammlung vom 23. März 1376 weitgehende Übereinstimmung; nur die in
Stralsund zugelassene Mischung von Zinn und Blei zu gleichen Teilen für Handgriffe
oder Wirbel hat man in Marienburg weggelassen; siehe S. 37.
Auf dem Städtetage von Deutsch-Eylau werden 1422 drei verschiedene Zinnproben
festgesetzt. Wenn auch da und dort die Verhältniszahlen für die einzelnen Mischungen
gewechselt haben, bleibt doch für das Ordensgebiet die Beobachtung von drei Zinn-
sorten charakteristisch, im Gegensätze zur wendischen Gruppe, die zwar zeitweise auch
drei Zinnmischungen kennt, schliesslich aber nur zwei Sorten aufrecht erhält; siehe
S. 239 k Die Elbinger Versammlung vom 30. April 1432 fordert für das Ordensgebiet
zum ersten Male die Verwendung von Marken; siehe S. 38. Die Vereinbarungen der
preussischen Stände- und Städtetage finden ihren Abschluss in der „Willkür“ des
Hochmeisters Paul von Rusdorf vom 2. Dezember 1435. Am 18. November 1521 erfährt
die hochmeisterliche Landesordnung unter Beibehaltung der alten Satzungen und der
seit 1422 festgesetzten drei Zinnsorten eine Erneuerung; siehe S. 40f.
 
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