10
Die übermässig grossen Anforderungen, die er an das Relief stellte,
boten ihm Schwierigkeiten, die er nicht alle überwinden konnte, und so
kommt es denn vor, dass ein Kreuzesarm den Kopf Christi durchdringt,
oder dass eine Säule in allen möglichen Windungen andern im Wege
stehenden Dingen ausweichen muss u. dgl. m. „Ein Fehler solcher Art
ist der, welchen Cellini dem Bändinelli vorwirft, dass an der Gruppe von
Hercules und Cacus die Waden der beiden Streitenden so zusammen-
schmelzen, dass, wenn sie die Füsse auseinander thäten, keinem eine
Wade übrig bleiben würde. Michel Angelo selbst ist von solchen Zufällen
nicht frei geblieben.“18)
Auch in der Perspective kommen grobe, aber begreifliche Verstösse vor.
Die Werkstattarbeiten sind theilweise vollständige Copien eines ein-
mal vorhandenen Werkes, durch wiederholte Bestellung desselben Themas
veranlasst, theilweise nach des Meisters Skizze in der Weise entstanden,
dass wenigstens die Köpfe, oft auch ganze Gestalten aus dem Vorrath der
Modellkammer herausgeholt wurden. So ist auch z. B. die vielthürmige
Stadt im Hintergründe jeweils die getreue Copie nach einem einmal vom
Meister selbst ausgeführten Stücke, und auch der Korb mit dem Werkzeug
der das eine Mal eine Lücke am Boden ausfüllt, das andere Mal von
einem Kriegsknecht auf dem Rücken getragen wird, ist immer genau der-
selbe Korb. Und je geringer das künstlerische Vermögen des betreffenden
Gesellen, desto peinlicher die Copie.
Zur Betrachtung der Werke selbst übergehend, muss zuvörderst
bemerkt werden, dass das Verzeichniss auf Vollständigkeit keinen Anspruch
machen kann. Ich bin vielmehr überzeugt, dass da und dort noch Morinck-
sche Arbeiten ihrer Entdeckung. harren. Das vorliegende Material möge
Studien nach dieser Richtung hin veranlassen.
Die Werke folgen in chronologischer Reihe; die zeitlich unbestimm-
ten sind nach stilistischen Gesichtspunkten den datierten eingereiht.
Christus am Kreuz
(1578)19) in die Epistelseite des Chores von St. Stephan in Konstanz ein-
gelassen und mit späterer plumper Barockumrahmung umgeben. Einige
Extremitäten sind abgeschlagen, das Ganze stark übertüncht. Höhe 80 cm,
oberer Abschluss halbrund, Breite 78 cm.
Fickler20) schreibt pag. 72: „Drei Basreliefs, Scenen aus dem Leben
Jesu und ein Grabmal sind von Hans Morink 1608 ausgeführt.“ Was von
dieser Jahreszahl zu halten ist, zeigt der Umstand, dass sogar an dem
Grabmal die genaue Datirung übersehen ist.
Die Mitte der völlig symmetrischen Darstellung nimmt der ans Kreuz
geschlagene Christus ein; auf der linken Seite steht Maria, auf der anderen
18) Göthe: Anhang zur Lebensbeschreibung des Benvenuto Cellini.
w) Bei den vom Verfasser datirten Werken ist zur Unterscheidung von den
arciv. oder inschriftlich datirten die Jahreszahl in () gesetzt.
m) S. Anm. 2.
Die übermässig grossen Anforderungen, die er an das Relief stellte,
boten ihm Schwierigkeiten, die er nicht alle überwinden konnte, und so
kommt es denn vor, dass ein Kreuzesarm den Kopf Christi durchdringt,
oder dass eine Säule in allen möglichen Windungen andern im Wege
stehenden Dingen ausweichen muss u. dgl. m. „Ein Fehler solcher Art
ist der, welchen Cellini dem Bändinelli vorwirft, dass an der Gruppe von
Hercules und Cacus die Waden der beiden Streitenden so zusammen-
schmelzen, dass, wenn sie die Füsse auseinander thäten, keinem eine
Wade übrig bleiben würde. Michel Angelo selbst ist von solchen Zufällen
nicht frei geblieben.“18)
Auch in der Perspective kommen grobe, aber begreifliche Verstösse vor.
Die Werkstattarbeiten sind theilweise vollständige Copien eines ein-
mal vorhandenen Werkes, durch wiederholte Bestellung desselben Themas
veranlasst, theilweise nach des Meisters Skizze in der Weise entstanden,
dass wenigstens die Köpfe, oft auch ganze Gestalten aus dem Vorrath der
Modellkammer herausgeholt wurden. So ist auch z. B. die vielthürmige
Stadt im Hintergründe jeweils die getreue Copie nach einem einmal vom
Meister selbst ausgeführten Stücke, und auch der Korb mit dem Werkzeug
der das eine Mal eine Lücke am Boden ausfüllt, das andere Mal von
einem Kriegsknecht auf dem Rücken getragen wird, ist immer genau der-
selbe Korb. Und je geringer das künstlerische Vermögen des betreffenden
Gesellen, desto peinlicher die Copie.
Zur Betrachtung der Werke selbst übergehend, muss zuvörderst
bemerkt werden, dass das Verzeichniss auf Vollständigkeit keinen Anspruch
machen kann. Ich bin vielmehr überzeugt, dass da und dort noch Morinck-
sche Arbeiten ihrer Entdeckung. harren. Das vorliegende Material möge
Studien nach dieser Richtung hin veranlassen.
Die Werke folgen in chronologischer Reihe; die zeitlich unbestimm-
ten sind nach stilistischen Gesichtspunkten den datierten eingereiht.
Christus am Kreuz
(1578)19) in die Epistelseite des Chores von St. Stephan in Konstanz ein-
gelassen und mit späterer plumper Barockumrahmung umgeben. Einige
Extremitäten sind abgeschlagen, das Ganze stark übertüncht. Höhe 80 cm,
oberer Abschluss halbrund, Breite 78 cm.
Fickler20) schreibt pag. 72: „Drei Basreliefs, Scenen aus dem Leben
Jesu und ein Grabmal sind von Hans Morink 1608 ausgeführt.“ Was von
dieser Jahreszahl zu halten ist, zeigt der Umstand, dass sogar an dem
Grabmal die genaue Datirung übersehen ist.
Die Mitte der völlig symmetrischen Darstellung nimmt der ans Kreuz
geschlagene Christus ein; auf der linken Seite steht Maria, auf der anderen
18) Göthe: Anhang zur Lebensbeschreibung des Benvenuto Cellini.
w) Bei den vom Verfasser datirten Werken ist zur Unterscheidung von den
arciv. oder inschriftlich datirten die Jahreszahl in () gesetzt.
m) S. Anm. 2.