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Hölscher, Uvo
Das Grabdenkmal des Königs Chephren — Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.26793#0020
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I. Einleitung

3

nicht der um die Altertumsforschung bereits hochverdiente Geheime Hofrat Dr. Ernst von
Sieglin in Stuttgart für das wichtige Problem interessiert und die Mittel zu einer archäo-
logischen Expedition hochherzig bewilligt, die zunächst eine umfassendere Untersuchung der
zur Chephren-Pyramide gehörigen Tempelanlagen vornehmen sollte.

Aufgabe. Eine Vorbesichtigung des Grabungsgebietes, die G. Steindorff und L. Bor-
chardt im Herbst 1908 Vornahmen, hatte ergeben, daß die Arbeit eine doppelte Aufgabe zu
lösen habe, die Ausgrabung des Totentempels und die Freilegung der Außenseiten des Tor-
baus. Außerdem waren die Pyramide nebst ihren Umfassungsmauern und Nebenanlagen zu
untersuchen und dabei die bisher veröffentlichten Aufnahmezeichnungen nachzuprüfen. End-
lich mußte auch das Innere des Torbaus, von dem, obgleich 50 Jahre seit seiner Ent-
deckung verflossen sind, noch keine ausreichende Aufnahme vorlag, gründlich gereinigt und
aufgemessen werden.

Lage des Grabungsgebietes. Um uns über das Grabungsgebiet und seine Um-
gebung zu informieren, ist es das Beste, die Pyramide des Chephren1 zu besteigen und
Umschau zu halten.

Wir befinden uns am Rande der libyschen Wüste, deren hügeliges Gelände nach
Nordosten zu ziemlich steil zum Fruchtlande abfällt. Zwei sandgefüllte Täler, die wie zwei
Ströme sich vom Hochlande der Wüste nach der Fruchtebene ergießen, trennen von dem
übrigen Gebirge ein Felsplateau ab, das nach drei Seiten stark abfällt und nur nach Westen
zu mit dem Hinterlande in Verbindung steht. Dieses Plateau, welches sich 40—60 m über
der Ebene erhebt, war wie dazu geschaffen die stolzeste Totenstadt der Welt zu tragen.

Drei Könige der IV. Dynastie haben hier ihre Ruhestatt gefunden: Cheops, Chephren
und Mykerinos. Außerdem steht eine unfertige Pyramide am südöstlichen Abhange des
Plateaus. Sie wird wohl von Schepses-kef, vielleicht dem Sohne und Nachfolger des Myke-
rinos, begonnen worden sein.

Den günstigsten Platz hat sich zweifellos der erste König, Cheops, ausgesucht. Er
stellte seine Pyramide möglichst nahe an den steilen Nordostabhang, der vom Fruchtlande
aus gesehen gleichsam den Sockel des gewaltigen Bauwerks bildete.

Als nun später Chephren sich ebenfalls hier ein Grabdenkmal errichten wollte, mußte
er weiter nach Südwesten rücken, höher auf das Plateau hinauf. War nun die Pyramide

seines Vorgängers durch ihre Lage vom nahen Fruchtlande aus imposanter anzuschauen, so
übertraf die neue Pyramide sie in der Fernwirkung2 3 * * * *; denn sie liegt um rund 10 m höher,
wodurch sie größer erscheint.

In derselben Lage8, wie die zweite Pyramide zur ersten, befindet sich die dritte, die

1) Die Chephren-Pyramide liegt von der Zitadelle von Kairo aus i3l/2km nach WSW, 290 59' nördlicher Breite und
31« 8>/2' östlich von Greenwich.

2) Die erste Pyramide war ehemals (nach Petrie) 146,59 m hoch, die zweite aber nur 143,50 m: Erstere ist also um
3,09 m höher. Letztere dagegen liegt nach Perring 10,11 m höher. Demnach überragte ihre Spitze die der ersten um 7,02 m.
Heutzutage ist der Höhenunterschied noch wesentlich größer, da die Spitze der ersten Pyramide viel mehr zerstört ist als die
der zweiten.

3) Petrie gibt in seinen Pyramids and temples of Gizeh, S. 125, eine Triangulation des Pyramidenfeldes. Darnach
ist die Lage der drei Pyramiden zu einander folgendermaßen berechnet:

Entfernung Richtung

Spitze der I. Pyramide zur 2. 486,87 m 430 22' 52"

„ „ I- „ ,, 3- 936,17 m 37» 51' 6"

„ „ 2. „ „ 3. 453,93 m 340 10' 11"

Dabei ist als Anfangsrichtung die gemittelte Nordsüdachse der ersten und zweiten Pyramide gewählt worden, welche um 5'

nach Osten gegen den wahren Nord abweichen soll.
 
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