Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
78

Das Grabdenkmal des Königs Chephren.

Mit Hilfe irgend eines Mechanismus wurde ein kupferner Hohlzylinder andauernd gedreht,
der unter Beifügung von Schmirgelpulver1 2 * in den zu bohrenden Stein einschnitt. In der Mitte
blieb ein Kern stehen, der später herausgebrochen wurde (Blatt XIV bei i). Die Spuren des
Bohrens sind ebenso an den Wandungen des Bohrlochs wie an den weggeworfenen Bohr-
kernen zu sehen. Letztere sind nicht genau zylindrisch, sondern verjüngen sich von unten
nach oben nicht unwesentlich (8 und 9). Die Löcher verjüngen sich gleichfalls, aber von
oben nach unten; d. h. sie sind schwach trichterförmig. Demnach hat der Bohrer oben mehr
Masse herausgefressen als unten. Das kann nur dadurch geschehen sein, daß die Bohrkrone
während des Bohrens immer dünner wurde. Dadurch ist der Beweis gegeben, daß nicht mit
einem Bohrer, dessen Krone mit fest eingefügten Edelsteinspitzen besetzt war, sondern mit
Hilfe von losem Pulver gebohrt wurde, wobei sich der Bohrer selber auch abnutzte.

Man wird annehmen müssen, daß die Krone des Bohrers aufgestaucht war, daß sie
also dicker war als der übrige Bohrzylinder (ähnlich so wie man bei uns eine Säge „schränkt“).
Das hat zur Folge, daß nur die Krone „arbeitete“, während der übrige Teil des Bohrers
die Wandungen des Loches gar nicht berührte. Hätte man das nicht getan, so wären die
Reibungswiderstände ganz enorm geworden.

Charakteristisch für die mit Zylinderbohrern hergestellten Löcher und Kerne sind die
Rillen, welche an den Wandungen rundum laufen. Je härter und homogener das Gestein
ist, desto schärfer prägen sich diese Rillen aus. Am deutlichsten sind sie erkennbar im Am-
phibolit (3 — 7). Petrie5 hat von einem schönen Bohrkern, den er s. Zt. in der Nähe des
Chephrentempels fand, behauptet, daß die Rillen spiralig, mit annähernd gleicher Gangbreite
um den Kern herum liefen. Daraus schloß er, daß die Bohrung mit Hilfe eines mit Edel-
steinspitzen besetzten Zylinderbohrers ausgeführt sei, der bei jedem Umgang eine Gangbreite
tief (also il3 bis 1 mm) geschnitten habe. Angenommen, seine Beobachtung sei richtig
gewesen, so ist eine derartige Wirkung sogar bei modernen Diamantbohrern ausge-
schlossen. Denn Diamantspitzen vertragen nur einen gang geringen Druck, wenn sie nicht
zerspringen sollen. Ihre Wirkung besteht eigentlich nicht im Schneiden, sondern im Schleifen.
Ganz abgesehen davon, daß derartigen Kräften, wie sie zum Schneiden des Gesteins nötig
wären, auch keine Fassung Widerstand leisten würde. Aber auch seine Beobachtung, daß
die Rillen spiralig in annähernd gleichen Abständen liefen, ist irrig. An unseren Bei-
spielen (5—8) kann man deutlich sehen, daß die Rillen oft in ganz verschiedenen Ab-
ständen auftreten, daß sie sich häufig teilen oder zusammen laufen. Ihre Entstehung müssen
wir darnach folgendermaßen erklären:

Bei dem harten Material gehört eine unendliche Anzahl von Umdrehungen dazu, bis
der Bohrer auch nur einen Millimeter Fortschritt gemacht hat. Wenn sich nun ein scharfes
Schmirgelkorn seitlich in das weiche Kupfer der Krone eingedrückt hat und nun mit rundum
gerissen wird, so schneidet es eine schwache Rille in das Gestein, welche bei den folgen-
den Umdrehungen von demselben Korne vertieft wird, so lange, bis entweder das Korn aus

1) Schmirgel und Kupferteilchen wurden in Bohrlöchern nachgewiesen. Schweinfurt fand bei Assuan Schmirgel-
gruben, die in alter Zeit abgebaut worden sind, s. Ne-user-re S. 142. Bei weicheren Gesteinen, z. B. Alabaster, mag man oft
statt Schmirgel Sand genommen haben.

2) Petrie, Pyramids and temples of Gizeh, S. 173 und Mechanical methods of the Egyptiens im Anthropological

Journal for 1883.
 
Annotationen