Jainabauten
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die Flachdecke, die von kurzen, gedrungenen Säulen gestützt wird.
Was also an raumbildnerischen Möglichkeiten in den Höhlentempeln
mit Tonnenwölbung dem Keime nach enthalten gewesen, wurde
durch die bedingungslose Rückkehr zum tektonischen Bauen, durch
die Verwirklichung einfachster statischer Verhältnisse im Wider-
spiel von Vertikale und Horizontale, von Kraft und Last illusorisch
gemacht. Gewiß wird eine besondere Art der Wölbung auch jetzt
noch beibehalten, doch kann sie keinen Anspruch machen auf eigent-
lich raumkünstlerische Bedeutung. Es handelt sich um Flach-
kuppeln besonders in den Freibauten (also nicht mehr in Höhlen-
tempeln) des sogenannten Jainastils, von dem im Kloster Mount
Abou ein hervorragendes Beispiel erhalten geblieben ist. Diese
Flachkuppeln sind Scheinwölbungen aus vorkragenden, an der
Innenseite leicht kurvig abgemeißelten Steinschichten. Sie finden
sich über Pfeilerhallen an Stellen, wo 8—12 Stützglieder ein Vieleck
bilden, das wie eine kleine Lichtung im Säulen- oder Pfeilerwald
ausgespart erscheint, niemals jedoch als ein besonderer Zentralraum
angesprochen werden kann. Der plastische Wille hat dann ein
übriges getan und die Innenseite der Flachkuppeln wie auch die
Stützglieder mit Bildwerken und skulpierten Ornamenten über-
sponnen und verkleidet. Die eigentliche Baustruktur ist ihres
architektonischen Sinnes entkleidet. Die Arbeit der »Marmorarii«
verzettelt sich im Kleinlichen derart, daß kaum ein Platz ohne
bildhauerischen Schmuck gelassen ist. Von dem »Tiefendunkel«
dieser Filigranarbeit geht ein Flimmern aus wie vom Mosaik.
Bei dem berühmten Kailasatempel zu Ellora (Abb. 3), der schon
der brahminischen Epoche zugehört, sind die Gesetze des Freibaues
auf den Felsentempel übertragen. Es liegen hier im westlichen Teile
Zentralindienshöchstwahrscheinlich Einflüsse aus Südindien, von den
frühen Bauten der Koromandelküste (vgl. unten), etwa von Maha-
vellipuram und Tanjore, vor. Der Kailasa von Ellora ist aus dem
anstehenden Fels herausgemeißelt. Eine Legion von Skulpteuren
muß hier Jahrzehnte-, wenn nicht gar jahrhundertelang tätig ge-
wesen sein, um das riesige Bauwerk gleichsam im »Tagebau« der
kristallinischen Masse des Berges abzuringen. Das Monument liegt
wie in ein Felsennest gebettet, im Rücken von einer Steilwand
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die Flachdecke, die von kurzen, gedrungenen Säulen gestützt wird.
Was also an raumbildnerischen Möglichkeiten in den Höhlentempeln
mit Tonnenwölbung dem Keime nach enthalten gewesen, wurde
durch die bedingungslose Rückkehr zum tektonischen Bauen, durch
die Verwirklichung einfachster statischer Verhältnisse im Wider-
spiel von Vertikale und Horizontale, von Kraft und Last illusorisch
gemacht. Gewiß wird eine besondere Art der Wölbung auch jetzt
noch beibehalten, doch kann sie keinen Anspruch machen auf eigent-
lich raumkünstlerische Bedeutung. Es handelt sich um Flach-
kuppeln besonders in den Freibauten (also nicht mehr in Höhlen-
tempeln) des sogenannten Jainastils, von dem im Kloster Mount
Abou ein hervorragendes Beispiel erhalten geblieben ist. Diese
Flachkuppeln sind Scheinwölbungen aus vorkragenden, an der
Innenseite leicht kurvig abgemeißelten Steinschichten. Sie finden
sich über Pfeilerhallen an Stellen, wo 8—12 Stützglieder ein Vieleck
bilden, das wie eine kleine Lichtung im Säulen- oder Pfeilerwald
ausgespart erscheint, niemals jedoch als ein besonderer Zentralraum
angesprochen werden kann. Der plastische Wille hat dann ein
übriges getan und die Innenseite der Flachkuppeln wie auch die
Stützglieder mit Bildwerken und skulpierten Ornamenten über-
sponnen und verkleidet. Die eigentliche Baustruktur ist ihres
architektonischen Sinnes entkleidet. Die Arbeit der »Marmorarii«
verzettelt sich im Kleinlichen derart, daß kaum ein Platz ohne
bildhauerischen Schmuck gelassen ist. Von dem »Tiefendunkel«
dieser Filigranarbeit geht ein Flimmern aus wie vom Mosaik.
Bei dem berühmten Kailasatempel zu Ellora (Abb. 3), der schon
der brahminischen Epoche zugehört, sind die Gesetze des Freibaues
auf den Felsentempel übertragen. Es liegen hier im westlichen Teile
Zentralindienshöchstwahrscheinlich Einflüsse aus Südindien, von den
frühen Bauten der Koromandelküste (vgl. unten), etwa von Maha-
vellipuram und Tanjore, vor. Der Kailasa von Ellora ist aus dem
anstehenden Fels herausgemeißelt. Eine Legion von Skulpteuren
muß hier Jahrzehnte-, wenn nicht gar jahrhundertelang tätig ge-
wesen sein, um das riesige Bauwerk gleichsam im »Tagebau« der
kristallinischen Masse des Berges abzuringen. Das Monument liegt
wie in ein Felsennest gebettet, im Rücken von einer Steilwand