Rembrandt.
463
Schüler und Nachahmer Rembrandts.
Als Haupt der holländischen Schule hat Rembrandt auf seine
Zeitgenossen einen weit- und tiefgehenden Einfluß ausgeübt. Dieser
erstreckt sich nicht nur auf die jüngeren unter ihnen, die in engerem
oder weiterem Sinne seine Schüler waren, sondern auf seine mit-
strebenden Zeitgenossen, ja sogar auf manchen älteren Künstler, der
bei Rembrandts Auftreten die Lehrzeit schon hinter sich hatte, aber
dennoch dasjenige, was in Rembrandts Kunst neu war, sich zu
eigen machte. Wir werden im Folgenden versuchen, alle diese in
Betracht kommenden Künstler in zeitlicher Reihenfolge zu erwähnen,
müssen aber einige allgemeine Betrachtungen voraus schicken.
Von mancher Seite wird versucht, die Rembrandtforscher ein-
zuteilen in eine mehr skeptische Gruppe einerseits, die aus dem
kodifizierten Oeuvre des Künstlers viel unechtes auszuscheiden und
an Schüler zurückzugeben suche, und eine etwas weitherzige Gruppe
andererseits, die darauf ausgehe, dieses Oeuvre möglichst zu ver-
größern und dem Künstler stets mehr neuentdeckte Bilder zuzu-
schreiben. Zu der letztgenannten Gruppe, die jedoch auf eine
gesunde Kritik selber keineswegs verzichtet, wohl aber gegen eine
Hyperkritik, wie sie dem Werke Rembrandts gegenüber geübt wird,
Stellung nimmt, gehört mit W. v. Bode und W. R. Valentiner auch
der Verfasser dieses Werkes. Daß er an der Neuentdeckung manches
verschollenen Rembrandts, an der Identifizierung manches allgemein
bekannten, jedoch dem Meister abgesprochenen Bildes einen gewissen
Anteil hat, wird er sicher nicht bestreiten. Wer viel reist, viele ent-
legene Sammlungen und Museen besucht, vielen Versteigerungen
auch kleiner und kleinster Sammlungen beiwohnt, von vielen Bilder-
besitzern, sowohl Sammlern als Händlern, zu Rate gezogen wird,
wird auch oft der erste sein, der einen bisher unbekannten Rem-
brandt zu sehen bekommt, dem also die sogenannte Entdeckerehre
zufällt, die dem stuhlfesteren Kollegen natürlich entgeht. Aber nur
in einem unter vielleicht sechzig bis hundert Fällen, in denen er ein
Rembrandt zugeschriebenes, jungfräuliches Bild zu prüfen hat, wird
ihm die Freude zu teil, daß er darin die Hand des Meisters wieder
erkennen kann, wodurch er sich aber dann auch das Odium des
weitherzigen und unvorsichtigen Kritikers, dem es vor Allem darum
zu tun ist, das Oeuvre Rembrandts so umfangreich wie möglich zu
machen, auf den Hals ladet. Dennoch sollten jene in ihren Stuben
hockenden Kritiker bedenken, daß es noch zahlreiche Rembrandts
wieder aufzufinden giebt. Ich habe im Leidsche Jaarboekje von 1906
eine Liste von einigen sechzig jetzt verschollenen Bildern von Rem-
brandt gegeben, die zu Rembrandts Zeit bereits erwähnt werden in
Inventaren, Lobgedichten, oder die durch zeitgenössische Stiche be-
glaubigt sind ‘). Von allen diesen authentischen Bildern ist in den
seitdem verflossenen neun Jahren kein einziges ans Licht gekommen,
9 Man findet sie alle an den betreffenden Stellen des vorhergehenden Katalogs erwähnt.
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Schüler und Nachahmer Rembrandts.
Als Haupt der holländischen Schule hat Rembrandt auf seine
Zeitgenossen einen weit- und tiefgehenden Einfluß ausgeübt. Dieser
erstreckt sich nicht nur auf die jüngeren unter ihnen, die in engerem
oder weiterem Sinne seine Schüler waren, sondern auf seine mit-
strebenden Zeitgenossen, ja sogar auf manchen älteren Künstler, der
bei Rembrandts Auftreten die Lehrzeit schon hinter sich hatte, aber
dennoch dasjenige, was in Rembrandts Kunst neu war, sich zu
eigen machte. Wir werden im Folgenden versuchen, alle diese in
Betracht kommenden Künstler in zeitlicher Reihenfolge zu erwähnen,
müssen aber einige allgemeine Betrachtungen voraus schicken.
Von mancher Seite wird versucht, die Rembrandtforscher ein-
zuteilen in eine mehr skeptische Gruppe einerseits, die aus dem
kodifizierten Oeuvre des Künstlers viel unechtes auszuscheiden und
an Schüler zurückzugeben suche, und eine etwas weitherzige Gruppe
andererseits, die darauf ausgehe, dieses Oeuvre möglichst zu ver-
größern und dem Künstler stets mehr neuentdeckte Bilder zuzu-
schreiben. Zu der letztgenannten Gruppe, die jedoch auf eine
gesunde Kritik selber keineswegs verzichtet, wohl aber gegen eine
Hyperkritik, wie sie dem Werke Rembrandts gegenüber geübt wird,
Stellung nimmt, gehört mit W. v. Bode und W. R. Valentiner auch
der Verfasser dieses Werkes. Daß er an der Neuentdeckung manches
verschollenen Rembrandts, an der Identifizierung manches allgemein
bekannten, jedoch dem Meister abgesprochenen Bildes einen gewissen
Anteil hat, wird er sicher nicht bestreiten. Wer viel reist, viele ent-
legene Sammlungen und Museen besucht, vielen Versteigerungen
auch kleiner und kleinster Sammlungen beiwohnt, von vielen Bilder-
besitzern, sowohl Sammlern als Händlern, zu Rate gezogen wird,
wird auch oft der erste sein, der einen bisher unbekannten Rem-
brandt zu sehen bekommt, dem also die sogenannte Entdeckerehre
zufällt, die dem stuhlfesteren Kollegen natürlich entgeht. Aber nur
in einem unter vielleicht sechzig bis hundert Fällen, in denen er ein
Rembrandt zugeschriebenes, jungfräuliches Bild zu prüfen hat, wird
ihm die Freude zu teil, daß er darin die Hand des Meisters wieder
erkennen kann, wodurch er sich aber dann auch das Odium des
weitherzigen und unvorsichtigen Kritikers, dem es vor Allem darum
zu tun ist, das Oeuvre Rembrandts so umfangreich wie möglich zu
machen, auf den Hals ladet. Dennoch sollten jene in ihren Stuben
hockenden Kritiker bedenken, daß es noch zahlreiche Rembrandts
wieder aufzufinden giebt. Ich habe im Leidsche Jaarboekje von 1906
eine Liste von einigen sechzig jetzt verschollenen Bildern von Rem-
brandt gegeben, die zu Rembrandts Zeit bereits erwähnt werden in
Inventaren, Lobgedichten, oder die durch zeitgenössische Stiche be-
glaubigt sind ‘). Von allen diesen authentischen Bildern ist in den
seitdem verflossenen neun Jahren kein einziges ans Licht gekommen,
9 Man findet sie alle an den betreffenden Stellen des vorhergehenden Katalogs erwähnt.