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Hottenroth, Friedrich
Trachten, Haus-, Feld- und Kriegsgeraethschaften der Voelker alter und neuer Zeit: mit 120 Taf. u. zahlr. Holzschnitten (Band 1) — Stuttgart, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.12994#0010
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Das Buch hat bis jetzt einigen Erfolg gehabt. Um nur diesen ersten Band in genügender
Anzahl liefern zu können, müsste nach dem Erscheinen der ersten Hälfte eine zweite Auflage ver-
anstaltet werden. Dieser Erfolg beruhigt mich keineswegs; ein Vergleich der zweiten Auflage mit
der ersten wird den Leser überzeugen , dass ich ihn durch redliche Arbeit zu verdienen und fest-
zuhalten suche. Ich weiss recht gut, dass der Erfolg keine Anweisung auf bleibende Bedeutung
ist, und dass gerade der schönste Sonnenschein nicht selten nur ein Vorbote trübseligen Regen-
wetters. Das Buch hat seine Mängel; Irrthümer sind sozusagen mit dem Stoffe verwebt, und ich
müsste den Stoff selber verlassen, wollte ich die Irrthümer vermeiden. Indess, ich habe Alles ge-
geben so gut ich es konnte: Das Sichere kurz und bestimmt, das Unsichere als Vermuthung; Un-
ergründliches zu ergründen, dazu habe ich nicht das Zeug, und mehr zu sagen als ich weiss, dazu
habe ich nicht den Ehrgeiz. Im Interesse einer einheitlichen Darstellung des Kostümes habe ich
die Ueberbleibscl einer verschollenen Zeit nur mit einem gewissen Vorbehalte benutzt. Dieses
Verfahren dürfte dem Einen tadelnswerth erscheinen, dem Andern aber willkommen sein. Die
vorgriechischen Völker sind in ihrer abbildlichen Ausdrucksweise hinter der Natur zurückgeblieben,
die Griechen sind darüber hinausgegangen ; namentlich die kostümlichen Darstellungen der Aegypter
und Babylonier sind nicht selten wahre Räthsel, deren Auflösung den sechsten Sinn der Fledermäuse
zu verlangen scheint. Nicht Jeder hat Lust und Mufse für solche Arbeit und glaubt wohl für sein
Geld das Recht auf die Auflösung erworben zu haben. Immerhin habe ich, um eine etwaige Kontrolle zu
ermöglichen, bei den schwierigsten Kostümstücken die Originale selbst und auch sonst eine Anzahl
von Reliefs namentlich aus der guten römischen Zeit hinzugefügt; das kostümliche Beiwerk ist,
soweit mir die Urquellen zugänglich waren, niemals nach abgeleiteten Quellen gegeben. Die Verthei-
lung des abbildlichen Stoffes auf Text und Tafeln dürfte etwas ungleich und planlos erscheinen; ich
gestehe, es ist mir gegangen wie jenem Araber in der Schatzkammer der Genien, welcher sich den
Sack und die Brusttasche und den Turban und endlich die Hände mit den Juwelen füllte, und immer
noch den Rest, welchen er zurücklassen musstc, nicht verschmerzen mochte. Auch sind mir die
erforderlichen Quellen nicht durchweg zu gleicher Zeit dergestalt zugänglich gewesen, dass mir eine
planvollere Verthcilung des bildlichen Stoffes möglich geworden wäre. Was den Text betrifft, so
wurde mir dessen Beschränkung zur unlieben Nothwendigkeit gemacht durch den knappen Raum,
über den ich zu verfügen hatte. Alles in Allem — man nehme das Buch wie es ist; ich glaube
eine so umfangreiche und schwierige Arbeit dürfte auch von demjenigen einige Nachsicht bean-
spruchen, welcher die Herrschaft über den gegebenen Stoff in grösserem Mafsstabe besitzt als ich.
Sachkundigen Tadel werde ich stets als eine Belehrung hinnehmen, und diese, wo es angeht, mit
Dank zu verwerthen suchen.

STUTTGART den 7. Dezember 1883.

Friedrich Hottenroth.
 
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