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Hottenroth, Friedrich
Trachten, Haus-, Feld- und Kriegsgeraethschaften der Voelker alter und neuer Zeit: mit 120 Taf. u. zahlr. Holzschnitten (Band 1) — Stuttgart, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.12994#0102
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DIE ERBEN DES RÖMISCHEN REICHES.

Die Byzantiner.

er gekreuzigte Gott war der richtige Gott für das gekreuzigte
Volk! Der Gott der Christen setzte sich auf den Thron Jupi-
ters, der Germane auf den Stuhl der Cäsaren, und Byzanz an
die Stelle von Rom. Die Stunde der klassischen Welt hatte
geschlagen; eine grosse Wendung war in der Geschichte einge-
treten und übte ihre Wirkung selbst auf die kleidliche Erschei-
nung der Menschen. Das Nackte hatte seine Rolle ausgespielt:
das Fleisch war Sünde geworden; aber während die klassische
Tracht im Abendlande sich in neuen und eigenartigen Bildungen
weiter entwickelte und unentwegt den körperlichen Formen anbequemte,
begann sie umgekehrt im Osten unter den Byzantinern gleichsam zu erstar-
ren, faltenlos platt und geradlinig zu werden und die Köperformen zu unter-
drücken.

Als Konstantin das alte Byzanz zu seiner Residenz erwählte, bevöl-
kerte er die Stadt, welche damals einem verwüsteten offenen Flecken glich,
mit grossen Schaaren italischer Uebersiedler; so kam die abendländische
Tracht nach Byzanz. Damals hatten sich die Gewänder hinsichtlich des Schnittes
gegen früher noch nicht wesentlich geändert, und die Christen kleideten sich
ebenso, wie die Heiden. Die Tracht der Männer (64. 1-7.) bestand in einer
langen, halblangen oder kurzen Tu n ik a, in einem Mantel, in den zur Zeit
fast allgemein gebräuchlichen Beinkleidern und in in mehr oder minder hohen Ledersocken
oder S t i e f el n. Sämmtliche Arten der Tunika waren mit langen und ziemlich engen Aermeln ver-
sehen. Die halblange Tunika, welche bis unter die Kniee herabreichte (64. 1. 2. 4-c), wurde ge-
gürtet und etwas heraufgezogen. Die lange Tunika (64. 7.), Tunika talaris genannt, diente als Ueber-
klcid; ihre weiten Aermel wurden nicht besonders eingesetzt, sondern aus der grossen Breite des
Obertheiles hergestellt. Den Schmuck sämmtlicher Tuniken bildeten zwei senkrechte, vom Halse
bis zum unteren Rande sich erstreckende Streifen oder Borten am unteren Saume sowohl als auf
der Brust und um die Hals- und Aermelöffnungen herum. Als Umhang diente den Byzantinern haupt-
sächlich der auf der rechten Schulter mit einer Agraffe festgeheftete Mantel (64. is. u. A.) in der
 
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