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SIEBENTES KAPITEL
Ein Zweikampf zwischen Guy de la Tremoille und dem englischen
Edelmann Pierre de Courtenay 1386, der dazu dienen sollte, die Über-
legenheit der Engländer oder der Franzosen zu beweisen, wurde von
den französischen Regenten Burgund und Berry verboten und noch
im letzten Augenblick verhindert1). Die Mißbilligung dieser nutzlosen
Form von Tapferkeitsbezeugung teilt auch Le Jouvencel, von dem
wir schon früher hervorhoben, wie bei ihm der Ritter dem Kapitän
Platz macht. Als der Herzog von Bedford einen Kampf von zwölf
gegen zwölf vorschlägt, läßt der Schreiber von Le Jouvencel den
französischen Anführer antworten: „Es gibt ein allgemeines Sprich-
wort, daß man nichts auf Anstiften seines Feindes tun muß. Wir sind
hier, um Sie aus Ihrer Stellung zu vertreiben, und das macht uns Arbeit
genug.“ Und die Herausforderung wird abgelehnt. Anderswo läßt er
Le Jouvencel einem seiner Offiziere solch einen Wettkampf verbieten
mit der Erklärung (worauf er übrigens zum Schlüsse zurückkommt),
daß er niemals Erlaubnis zu so etwas geben werde. Es sind verbotene
Dinge. Wer nach solch einem Zweikampf verlangt, will einem andern
etwas nehmen, nämlich seine Ehre, um sich selbst einen eiteln Ruhm
zuzusprechen, der von geringem Werte ist, während er inzwischen
den Dienst seines Königs und der öffentlichen Sache vernachlässigt2).
Das klingt wie eine Stimme der neuen Zeit. Nichtsdestoweniger
blieb die Gewohnheit der Zweikämpfe zwischen den Fronten bis nach
dem Mittelalter bestehen: man kennt die „Sfida di Barletta“, den Kampf
zwischen Bayard und Sotomayo, 1501, in dem niederländischen Krieg
hat man den Kampf von Breaute und Lekkerbeetje auf der Heide bei
Vught 1600 und den von Ludwig von der Kethulle gegen einen albane-
sischen Reiter vor Deventer 1591.
Das Kriegsinteresse und die Taktik drängten meistens die ritter-
lichen Auffassungen in den Hintergrund. Die Vorstellung, daß auch
die Feldschlacht selbst nichts anders ist als ein ehrlich verabredeter
Kampf um das Recht, drängt sich noch immer wieder nach vorne,
findet aber den Anforderungen der Kriegseinsicht gegenüber selten
Gehör. Heinrich von Trastamara will zu jedem Preis sich in offenem
Felde mit dem Feinde schlagen. Er verzichtet freiwillig auf seine
9 Rel. de S. Denis, I, p. 392.
2) Le Jouvencel, I, p. 209; II, p. 99, 103.
SIEBENTES KAPITEL
Ein Zweikampf zwischen Guy de la Tremoille und dem englischen
Edelmann Pierre de Courtenay 1386, der dazu dienen sollte, die Über-
legenheit der Engländer oder der Franzosen zu beweisen, wurde von
den französischen Regenten Burgund und Berry verboten und noch
im letzten Augenblick verhindert1). Die Mißbilligung dieser nutzlosen
Form von Tapferkeitsbezeugung teilt auch Le Jouvencel, von dem
wir schon früher hervorhoben, wie bei ihm der Ritter dem Kapitän
Platz macht. Als der Herzog von Bedford einen Kampf von zwölf
gegen zwölf vorschlägt, läßt der Schreiber von Le Jouvencel den
französischen Anführer antworten: „Es gibt ein allgemeines Sprich-
wort, daß man nichts auf Anstiften seines Feindes tun muß. Wir sind
hier, um Sie aus Ihrer Stellung zu vertreiben, und das macht uns Arbeit
genug.“ Und die Herausforderung wird abgelehnt. Anderswo läßt er
Le Jouvencel einem seiner Offiziere solch einen Wettkampf verbieten
mit der Erklärung (worauf er übrigens zum Schlüsse zurückkommt),
daß er niemals Erlaubnis zu so etwas geben werde. Es sind verbotene
Dinge. Wer nach solch einem Zweikampf verlangt, will einem andern
etwas nehmen, nämlich seine Ehre, um sich selbst einen eiteln Ruhm
zuzusprechen, der von geringem Werte ist, während er inzwischen
den Dienst seines Königs und der öffentlichen Sache vernachlässigt2).
Das klingt wie eine Stimme der neuen Zeit. Nichtsdestoweniger
blieb die Gewohnheit der Zweikämpfe zwischen den Fronten bis nach
dem Mittelalter bestehen: man kennt die „Sfida di Barletta“, den Kampf
zwischen Bayard und Sotomayo, 1501, in dem niederländischen Krieg
hat man den Kampf von Breaute und Lekkerbeetje auf der Heide bei
Vught 1600 und den von Ludwig von der Kethulle gegen einen albane-
sischen Reiter vor Deventer 1591.
Das Kriegsinteresse und die Taktik drängten meistens die ritter-
lichen Auffassungen in den Hintergrund. Die Vorstellung, daß auch
die Feldschlacht selbst nichts anders ist als ein ehrlich verabredeter
Kampf um das Recht, drängt sich noch immer wieder nach vorne,
findet aber den Anforderungen der Kriegseinsicht gegenüber selten
Gehör. Heinrich von Trastamara will zu jedem Preis sich in offenem
Felde mit dem Feinde schlagen. Er verzichtet freiwillig auf seine
9 Rel. de S. Denis, I, p. 392.
2) Le Jouvencel, I, p. 209; II, p. 99, 103.