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DIE POLITISCHE UND MILITÄRISCHE BEDEUTUNG usw. 133
günstige Stellung und verliert die Schlacht bei Najera oder Navar-
rete. Ein englisches Heer schlägt 1333 den Schotten vor, aus ihrer
günstigen Stellung in die Ebene herabzusteigen, damit man einander
bekämpfen kann. Als der König von Frankreich keinen Zugang findet,
Calais zu befreien, schlägt er den Engländern höflich vor, irgendwo
ein Schlachtfeld zu bestimmen; Wilhelm von Hennegau geht noch
weiter, er macht dem französischen König den Vorschlag eines drei-
tägigen Waffenstillstandes, um während dieser Zeit eine Brücke zu
bauen, mittels welcher die Heere sich gegenseitig erreichen können,
um eine Schlacht zu liefern1). In all diesen Fällen wurde das ritter-
liche Angebot abgelehnt; das strategische Interesse behielt die Ober-
hand, auch bei Philipp dem Guten, als er einen schweren Kampf mit
seiner Ritterehre zu bestehen hatte, weil ihm an einem Tag dreimal
die Schlacht angeboten wird und er auf diese verzichtet2).
Es blieb noch Gelegenheit genug, den Krieg schön zu umkleiden,
wenn auch das Ritterideal den wirklichen Dingen weichen mußte.
Welch ein Rausch des Stolzes muß von der bunten und prahlenden
Kriegsausstattung selbst ausgegangen sein. In der Nacht vor Azin-
court stärken die beiden Heere, die sich in der Dunkelheit gegenüber-
liegen, ihren Mut durch die Musik der Trompeten und Posaunen, und
man beklagte es ernsthaft, daß die Franzosen nicht genug hatten „pour
eux resjouyr“, und dadurch in bedrückterer Stimmung blieben3).
Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts kommen die Lands-
knechte4) mit großen Trommeln, wie man sie dem Orient entlehnt
hatte. Die Trommel mit ihrer hypnotischen, unmusikalischen Wir-
kung bezeichnet treffend den Übergang von der ritterlichen Peri-
ode zur modern-militärischen; sie ist ein Element in der Mechani-
sierung des Krieges. Um 1400 ist die ganze schöne und halb spielende
Suggestion von persönlichem Wetteifern in Ruhm und Ehre noch in
voller Blüte: durch Helmabzeichen und Wappen, Fahnen und Waffen-
geschrei behält der Kampf einen individuellen Charakter und ein
sportliches Element. Den ganzen Tag über hört man die Schreie, die die
0 Froissart, I, p. 65; IV, p. 49; II, p. 32.
2) Chastellain, II, p. 140.
3) Monstrelet, III, p. 101; Lefevre de S. Remy, I, p. 247.
4) Molinet, II, p. 36, 48; III, p. 98, 453; IV, p. 372.
 
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