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DAS BILD DES TODES

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Or suis logiee en ce petit cercueil.
Ma chambre estoit de beaux tapis ornee,
Or est d’aragnes ma fosse environnee1).“
Daß diese Ermahnungen ihre Wirkung nicht verfehlten, beweist
die Legende, die sich weiter daran geknüpft hatte, daß der königliche
Künstler selbst, der Lebens- und Schönheitsverehrer par excellence,
seine Geliebte drei Tage nach der Bestattung im Grabe gesehen und
sie dann gemalt haben solle.
Die Stimmung verändert sich schon ein wenig in der Richtung der
Sinnlichkeit, sobald die Warnung vor der Vergänglichkeit nicht an der
greulichen Leiche eines andern demonstriert wird, sondern die Leben-
den auf ihren eigenen Körper hingewiesen werden, jetzt noch schön,
aber bald Speise für die Würmer. Olivier de la Marche beschließt sein
erbauliches allegorisches Gedicht über die Frauenkleidung „Le pare-
ment et triumphe des dames“ mit dem Tod, der aller Schönheit und
Eitelkeit den Spiegel vorhält:
„Ces doulx regards, ces yeulz faiz pour plaisance,
Pensez y bien, ilz perdront leur clarte,
Nez et sourcilz, la bouche d’eloquence
Se pourriront..."2).
Dies ist jedoch noch ein ehrliches Memento mori. Es geht aber un-
merklich in eine verdrießliche, weltliche und selbstsüchtige Klage über
die Nachteile des Alters über:
„Se vous vivez le droit cours de nature
Dont LX ans est pour ung bien grant nombre,
Vostre beaulte changera en laydure,
Vostre sante en maladie obscure,
Et ne ferez en ce monde que encombre.
Se fille avez, vous luy serez ung umbre,
Celle sera requise et demandee,
Et de chascun la mere habandonnee“3).
1) Oeuvres du roi Rene, ed. Quatrebarbes I, p. ci. Nach der 5. und der
8. Reihe scheint ein Vers zu fehlen; wahrscheinlich reimte auf „menu vair“
„mange des vers“ oder etwas dergleichen.
2) Olivier de la Marche, Le parement et triumphe des dames, Paris, Michel
le Noir, 1520, am Schluß.
3) Ib.
 
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