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IV. Ägyptische Bauten

Daß wir aber mit Recht die kompositionellen Erscheinungen der ägyptischen Kunst auf ein
übergeordnetes Raumempfinden statischer Art zurückführen, beweist uns weiterhin die Architektur.
Denn dieser selbe räumliche Richtungsgegensatz, der zu der kastenartigen Plastik führt und die
Haltung der Extremitäten in entsprechenden Ebenen hervorruft, bewirkt nicht nur die kubische
Form der Pyramide — eine Parallele zu der statuarischen Kastenform, die keiner Erläuterung be-
darf —, sondern ebenso die Komposition der ägyptischen Bauten. Das Charakteristische des ägyp-
tischen Tempelbaus liegt in räumlicher Hinsicht wieder in dem gegensätzlichen Verhalten der Di-
mensionen zueinander, das im Grundriß in dem immer wieder hervortretenden Gegensatz von Tiefe

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Abb. 24. Tempel von Edfu

und Breite sieh ausspricht. Die' Tiefe dieser ägyptischen Bauten ist eigentlich unbegrenzt, insofern
sie aus der Aneinanderreihung einzelner Teile besteht und stets durch neue vorgelegte Teile wie
durch Höfe und Pylone verlängert werden konnte.und auch verlängert worden ist; das beweisen
Hauten wie der große Amontempel zu Karnak (Capart, L'art egyptien I, l'architeeture [1922]
Taf. 87; Baedeker 1913, Plan neben S. 252). Die Tiefe spricht sich in der Längsausdehnung der
ganzen Baulichkeit aus. wie auch in der Durchführung des mittleren Ganges, der den ganzen Be-
zirk in seiner Länge durchfeilt und oft durch vorgelegte Alleen außen fortgesetzt wird.39) So
führt uns zum großen Tempel von Karnak eine Widderallee, deren Richtung in dem mittleren
(lang weiterläuft, der bis zu den Resten des Tempels des Mittleren Reiches kenntlich ist. Aber es
ist nicht die Tiefenrichtung allein, die der Anlage ihren Charakter gibt. Der den mittleren Gang
durchwandelnde Besucher wird immer wieder abgelenkt und in seinem Weg gleichsam aufgehalten
durch enorme Bauten, die sich quer zu dieser Richtung lagern, sei es, daß diese Breitenrichtung
durch die überragenden Pylone betont wird, die gleichzeitig Hintergrund und Abschluß des durch-
 
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