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Bombe, Walter
Geschichte der Peruginer Malerei bis zu Perugino und Pinturicchio: auf Grund des Nachlasses Adamo Rossis und eigener archivalischer Forschungen — Italienische Forschungen, Band 5: Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.34609#0144
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Die drei Hauptmeister vor Perugino.

sind.i Das Mittelstück zeigt eine auf Wolken thronende Madonna
zwischen zwei anbetenden Engeln. Auf den Seitentafeln sind in ganzer
Figur links die Heiligen Benedikt, Petrus, rechts Johannes der Evangelist
und ein heiliger Franziskaner dargestellt. Je drei kleine Heiligenfiguren
füllen die Pilaster rechts und links; die Predelle fehlt. In den Spitz-
giebeln über den fünf Haupttafeln sind Gott-Vater (in der Mitte) und die
vier Kirchenväter (zu den Seiten) zu sehen. Von den Heiligen, welche
die Madonna begleiten, sind nur Benedikt, Petrus, Hieronymus, Ambrosius,
Augustinus und Sebastian in der Urkunde von 1472 erwähnt. Nach dem
Wortlaut des Kontraktes von 1487 sollte aber nur die eine Seite des
Altarwerkes ausgeführt werden, vermutlich also wurde damals die auf
der dem Chor zugekehrten Seite geplante Himmelfahrt der Maria mit
den Nebenfiguren aufgegeben. Ferner wird im dritten Kontrakt von 1491
ausdrücklich betont, daß die Arbeit nicht nach dem Wortlaut der ge-
nannten Urkunde ausgeführt war. Wir brauchen daher an diesen Ab-
weichungen keinen Anstoß zu nehmen, um so weniger, als das Triptychon
in allen Einzelheiten den Stilcharakter Fiorenzos zeigt, wie ein Vergleich
mit dem einzigen firmierten Werke des Meisters ergeben wird.
Dieses einzige mit seinem Namen bezeichnete Gemälde ist von 1487
datiert (s. Abb. 61). Es befand sich ehemals in der Kirche San Francesco al
Prato und ist heute in der städtischen Pinakothek aufgestellt. Zu beiden
Seiten einer von korinthischen Pilastern eingefaßtenNische^ sind die Heiligen
Petrus und Paulus in ganzer Figur zu sehen, und oben in einer Lünette
die HalbHgur der Maria mit dem Kinde, umgeben von sechs Cherubim
und zwei anbetenden Engeln. Die Signatur des Meisters ist auf den
Säumen der Gewänder der beiden Apostel angebracht, beginnt bei
Petrus: FLORENTIUS LAUREN und endet bei Paulus: TU PJ/CTORJ
PINSIT M°CCCC°LXXXVII.
Die charakteristischen Züge dieses Werkes sind Ernst und Strenge
im Ausdruck und das Fehlen jener Sentimentalität, welche Perugino und
seine Nachfolger ihren Gestalten verleihen. Die Zeichnung ist fest und
bestimmt. In der Behandlung der Draperie offenbart sich der Stil eines
i Pinakothek, Saa! 12, No. 1. — Cesare Crispolti hat, als er sein Buch «Perugia
Augusta» schrieb, das Altarwerk schon nicht mehr an Ort und Stelle gesehen, denn er
erwähnt auf dem Hochaltar ein Tafelbild der Verkündigung, was auf einer Ver-
wechslung mit dem Gonfalone dell' Annunziata von Niccolo Alunno beruht (s. handschrift-
liche Zusätze Annibale Mariottis zu seinen «Lett. Pitt.» Perugia, Biblioteca Comunale, wo
sich auf Seite 75 der interessante Nachweis findet, daß die Mönche im Jahre 1556 um die
Erlaubnis baten, die Annunziata auf den Hochaltar zu bringen).
^ Der Padre Ottavio Lancellotti (J* 1671) erwähnt in seiner «Scorta Sagra», Manuskript
der Biblioteca Comunale zu Perugia, Bd. 2, Seite 395, daß in dieser Nische ein Tympanum
(Handpauke oder Tamburin) angebracht war.
 
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