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Bombe, Walter
Geschichte der Peruginer Malerei bis zu Perugino und Pinturicchio: auf Grund des Nachlasses Adamo Rossis und eigener archivalischer Forschungen — Italienische Forschungen, Band 5: Leipzig, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.34609#0210
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190

Perugino.

sich versammelte. Ais sie den Plan faßte, ihr Studio durch Werke der
bedeutendsten Künstler ihrer Zeit auszuschmüeken, übertrug sie zunächst
dem Mantegna zwei Gemälde mythologischen und allegorischen Inhaltes,
den Parnaß und die Austreibung der Laster. Beide Bilder, in Tempera
auf Leinwand gemalt, wurden, wie es scheint, 1497 vollendet und ab-
geliefert. Nach einem mißlungenen Versuch des Markgrafen, für ein
drittes Gemälde Giovanni Bellini zu gewinnen, faßte Isabella den Ent-
schluß, durch Vermittlung eines ihrer Agenten, des Instrumentenmachers
und Intarsiatoren Lorenzo di Pavia, mit Perugino Verhandlungen an-
zubahnen. Am 3. April 1497 erteilte sie ihm den Auftrag, bei Meister
Pietro anzufragen, aber dieser erste Versuch war ergebnislos. Ohne sich
dadurch entmutigen zu lassen, wandte sie sich im September 1500 an
Giovanna da Montefeltre, die damals in Sinigallia residierte, mit der
Bitte, bei Perugino zu vermittelnd Die von Giovanna eingeleiteten
Unterhandlungen hatten auch nicht den gewünschten Erfolg, und
zwei Jahre später schrieb die Marchesa an einen ihrer Vertrauten,
Francesco Malatesta, der in Florenz diplomatische Verhandlungen im
Aufträge des Hauses Gonzaga führte. In einem Brief vom 23. Sep-
tember 1502 antwortete Malatesta, daß Perugino in Siena beschäftigt sei
und frühestens Anfang Oktober nach Florenz zurückkehren werde. Aus
einem zweiten Brief Malatestas vom 5. Oktober erfahren wir, daß
Perugino noch nicht zurückgekehrt war. Malatesta suchte ihr den Ge-
danken auszureden, da Perugino, wie der drastische Ausdruck lautet,
ein «homo longo> sei, und empfahl ihr an seiner Stelle Botticelli und
Filippino Lippi.
Erst am 24. Oktober kam es zu einer Unterredung zwischen
Malatesta und Perugino, und am 19. Januar 1503 wurde vor dem Notar
der Kontrakt aufgesetzt und unterschrieben. Pietro versprach, nach der
mitgeteilten Instruktion und der beigefügten Skizze in den vor-
geschriebenen Maßen für 100 Dukaten eine Darstellung des Kampfes
der Keuschheit mit der Sinnlichkeit zu malen. Ohne die Arbeit zu
beginnen, reiste er dann, wahrscheinlich im Juni, nach Perugia, wo
er während des Sommers vielleicht am «Sposalizio» malte. Erst in
der zweiten Hälfte des Oktober kehrte er nach Florenz zurück; die
Marchesa ließ ihn durch ihre Getreuen fortwährend mahnen und wurde

* Der Brief ist von besonderem Interesse, weii wir aus ihm entnehmen dürfen,
daß Perugino in den Diensten dieser Frau gestanden hat. In nächster Nähe von
Sinigailia, in Fano, läßt sich Peruginos Anwesenheit in den Jahren 1488 und 1498 an-
nehmen, und in der Kirche S. Maria deüe Grazie zu Sinigallia befindet sich ein Altarwerk,
das aus Pietros Werkstätte hervorgegangen ist und sich ais eine Wiederholung seines
Madonnenbiides in Fano (von !498) erweist.
 
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