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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 5.1873

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Piper, Ferdinand: Maria als Thron Salomos und ihre Tugenden bei der Verkündigung, in einem mittelalterlichen Bilderkreise, insbesondere in einem Gemälde des christlichen Museums der Universität zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.51372#0139

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Von F. Piper.

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zusammen bis zur vollen Zahl der 12 Sibyllen sehr verbreitet.1) Diesem
Kreise schliessen sich die Figuren unseres Gemäldes an. Andrerseits
enthält dasselbe, gegenüber dem Virgil, ein ganz singuläres Zeugniss aus
dem Muhamedanismus.
Es ist die Figur des Albumasar mit dem Spruch:
In prima facie virginis ascedet virgo pulcherrima et hoesta et (munda)
et seq’ nut’et puerum (quem) q(uae)dam gens vocat ihm (Jhesum).
Dieser Albumasar, wie gewöhnlich sein Name lautet, eigentlich Abi-
Maschar, war ein berühmter arabischer Astronom des 9. Jahrhunderts,
geboren zu Balkh in Khoracan im Jahre 805/6, gestorben zu Vacith im
J. 885. Mehrere Schriften desselben sind in lateinischer Uebersetzung
im Abendlande verbreitet, auch in Druck erschienen.2) Die vorliegende
Stelle ist jedoch nicht direct aus seinen Schriften, sondern aus den
Sprüchen der Sibyllen und zwar der cimmerischen entnommen. Sie lautet
in der gedachten Münchener Handschrift in der Unterschrift ihres Bildes
also (Bl. 6. b): In prima facie virginis ascendit virgo quedam honesta
et munda et est pulchra facie, prolixi capilli, sedens super sedem stratam,
nutriens puerum. dans ei ad comedendum lac, quem quedam gens vocat
ihm (woraus man was in dem et sequentia enthalten ist, ersieht). Die
Beziehung auf den Albumasar zeigt die Ueberschrift des Bildes: Sibila
cyemeria (sic), annorum XIIII in ytalia, de qua scribit Albumasar astro-
logus, vaticinatur, quomodo virgo lactat puerum. Ohne diesen zu nennen
wird auf ihn Rücksicht genommen in dem Spruch der cimmerischen
Sibylle, den das genannte Schauspiel der Sündenfall, aus dem 15. Jahr-
hundert, mit den andern sibyllinischen Sprüchen hat und lateinisch mit
deutscher Uebersetzung aufführt (S. 95): In prima facie virginis ascendit
puella quedam, quem voeant secheladius rosthal gentes egipti. Et est
pulcra facie prolixa capillis, sedes comedendum lac proprium (sic). (Es
ist zu lesen sedens, die obige Stelle von super bis dans ei ad hinzu-
zufügen und am Schluss zu setzen lactans puerum). Was das erste
Angesicht der Jungfrau, worin ein Töchterlein aufsteigen wird, sein soll,
würde man nicht leicht begreifen;, aus dem Zusammenhang aber, woraus
die Stelle genommen ist, erhellt, dass das Zeichen der Jungfrau gemeint
ist, in welchem die Maria (8. Sept.) geboren ist. Die Stelle ist in der
That entlehnt aus dem Werk des Albumasar: Introductorium in astro-

') S. meine Mythologie u. Symb. der Christi. Kunst I, 1. S. 479 f. 490 ff.
2) Die k. Hofbibliothok in München enthält die drei: Introductorium in astro-
nomiam, Flores astrologiae und De magnis conjunctionibus.

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