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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Editor]
Jahrbuch der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale: periodical — 1.1856

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II. Abtheilung: Abhandlungen
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Arneth, Joseph Calasanza von: II. Ueber das im Jahre 1851 entdeckte Hypocaustum und die Inschrift der Gens Barbia zu Enns
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https://doi.org/10.11588/diglit.45220#0137
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52

Ybhandlungen.

eifrigen Seelsorger, wie den Wissenschaften ergebenen Geistlichen, ein Schreiben, in dem ihm
bekannt gemacht wurde, es seien ganz nahe bei Enns mehrere Gräber und auch eine Ruine
unter der Erde entdeckt worden, aus der schon mehrere Säulen herausgezogen wurden.
Da ich eben in St. Florian weilte, hatte Herr Prof. Gaisberger die Güte, mir das Schreiben
des Herrn Wieser mitzutheilen. Wir beschlossen so bald als möglich von St. Florian nach Enns
zu gehen. Da aber sämmtliche Entdeckungen im fetten Ackerboden lagen und dem Himmel
mächtiger Hegen entströmte, Herr Prof. Gaisberger aber durch den Anfang der Schulen zu
Linz gehindert war, sich selbst nach Enns zu begeben, eilte ich, sobald die Felder einiger-
massen zugänglich waren, allein dalün, um die Entdeckungen in Augenschein zu nehmen. In
der Kirche von St. Lorenz wartete ich auf Herrn Wieser, der mich zu den Ausgrabungen zu
geleiten versprach.
Es gibt nicht bald einen merkwürdigeren Ort als dieses Kirchlein des heiligen Laurenz.
Bevor man es betritt, sieht man im Panorama die Thürme von St. Florian ragen, hat vor sich
gegen Norden die Granitberge, zu deren Füssen die mächtige Donau ihre Fluthen rollt, gegen
Osten die Stadt Enns, auf einem grossen Schlierhügel hingebaut, an dessen östlicher Abdachung
die Enns ihre klaren Gewässer in die Donau trägt. Die Kirche des heil. Laurenz stammt nach
dem Mittelschiff und der schmäleren Abseite. (Apsis) zu urtheilen, aus dem dreizehnten Jahr-
hundert; vermuthlich ist sie an der Stelle gebaut, wo der älteste Bischofsitz in Oesterreich
aufgerichtet worden war, nämlich jener des Bischofs von Lorch, der wahrscheinlich, wie Enns,
durch die Avarcn im Jahre 737 zerstört wurde. Äusser der Bauart der Kirche selbst, fesseln in
derselben einzelne Trümmer von bemalten, vermuthlich aus dem 15. Jahrhundert herrüh-
renden, Glasscheiben in den hohen Fenstern der Südseite. Der aus dem 15. Jahrhundert
stammende Chor— an einem der äusseren Strebepfeiler ist die Jahreszahl 1474 angebracht·—
weiset eines der schönsten und zierlichsten Sacramentsliäuschen, vom Jahre 1480, welche Zahl
eine Gestalt, vielleicht der Bildhauer, auf einem Streifen hält. Lässt sich dieses Sacramentshäus-
chen auch nicht mit den prächtigen in den Kirchen zu Nürnberg vergleichen, so ist es doch ein
wahrer Ausdruck sinniger Frömmigkeit und grosser Technik; denn die Engel, welche das
Schweisstuch und den Kock Christi halten, sind vortrefflich gearbeitet. Im Hintergründe der
Kirche ist ein Communicantenaltar, an dessen Seite abermals ein kleines Sacramentsliäuschen
für das Ciborium vom nämlichen Jahre steht, wie jenes im Chore. Sonst fallen in der Kirche noch
manche sehr alte Grabsteine aus dem 14. Jahrhundert auf, die leider alle, das Kirchenpflaster
deckend, der Verletzung durch das Daraufgehen ausgesetzt sind. Solche Steine sind mehr
oder minder Monumente, welche, wenn möglich, ausgehoben und an die Wand gestellt werden
sollen, wie schon hie und da, und namentlich bei den Schotten in Wien geschehen ist.
Ein besonders merkwürdiger Schmuck der Kirche des heiligen Laurenz ist auf der nörd-
lichen Abseite die Begräbnisscapelle der Schärfenberge. Bernhard von Schärfenberg steht auf
seinem Cenotaph von rotliem Marmor in voller Rüstung, in der rechten Hand eine Fahne, in
der linken einen Helm, wahrscheinlich als Feldhauptmann von Oesterreich ob der Enns, der
er 1476 geworden1), abgebildet in ganzer Manneskraft, gestorben 1513; und zum schauder-
haften Gegensätze liegt auf der Tumba der Leichnam des auf der Wand in hoher Kraft pran-
genden Mannes, ebenfalls in rotliem Marmor ausgehauen, herum Schlangen, Eidechsen, Kröten,
von denen eine selbst im Leibe des Verstorbenen sich eingenistet. Aehnliche Vorstellungen

J) Hoheneck, Genealogie, II, 300, 301.
 
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