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J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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Im Verlaufe der eben besprochenen Unter-
suchungen unmittelbar um die Doppelkapelle herum
wurde, was hier nebenbei erwähnt sei, westlich von
der Doppelkapelle das Fragment einer Ziegelrinne
(47) gefunden.
Es sei bei dieser Gelegenheit eine Frage zur
Erörterung gebracht, welche vom ästhetischen Stand-
punkte aus nicht ohne Bedeutung ist. Welche Höhe
hatte zur Zeit Friedrichs I. das Gelände um die
Doppelkapeile herum? Lag die Doppelkapelle
vom Zeitpunkte ihrer Erbauung an bereits so ver-
tieft unter dem sie umgebenden Niveau wie heute ?
Alle Anzeichen sprechen zunächst dagegen. Das
Sockelprofil verschwindet teilweise unter dem Erd-
boden, das untere Eingangsportal erscheint unpropor-
tioniert, die ganze Kapelle scheint im Erdboden zu
ertrinken, drei Stufen, welche den Höhenunterschied bis
zur Türschwelle auszugleichen haben, scheinen nach-
träglich angefügt zu sein. Die Vermutung liegt nahe,
daß das Niveau um die Doppelkapelle herum früher
bedeutend tiefer war. Nun habe ich aber untersucht, wie
weit das Sockelprofil in den Erdboden hineinreicht,
und festgestellt, daß es sich hier um nur zirka 20 cm
handelt. Demnach kann höchstens eine der äußeren
Stufen als spätere Zufügung angesprochen werden.
Der erste von Westen nach Osten gezogene Ein-
schnitt (Zeichnung Fig. Hund 15, XIII—XIV)
wurde zunächst bis zu einer Tiefe von zirka
1 '5 m ausgeführt. Man fand außer den
besprochenen Holzsäulenauflagern keine
Fundamente, dagegen stieß man in einer
Tiefe von zirka 1 -25 m, etwa gegenüber
der Mitte der Doppelkapellensüdwand (60)
auf vier regellos aufeinander gewor-
fene menschliche Skelette.
Es handelt sich hier um Skelette, welche
offenbar einer jüngeren Zeit angehören,
da die Schädeldecke eines derselben ein
Schußloch aufweist5).
Da mit Hilfe des ersten Einschnittes
Fundamente des südlich von der Burg-
kapelle vermuteten Gebäudes nicht gefun-
den worden waren, wurde ein zweiter
Einschnitt parallel zur Doppelkapellen-
südwand (XVII—XVIII) ausgeführt, und
zwar im Abstande von 6'2m. Da die Chance,
Fundamente zu finden, hier größer er-
schien, so wurde diesmal, wie späterhin
regelmäßig, bis auf den gewachsenen
Boden herab gegraben, an einigen
Stellen, um die Bodenverhältnisse festzu-
stellen, sogar bis auf den Felsen.
Das Resultat war wieder ein unerwar-
tetes und überraschendes. In einer Tiefe
von 2-25 m unter der Erdbodenoberfläche
stieß man auf eine Erdschicht, welche
sich im Gegensätze zu der darüber liegen-
den, lehmigen (L) als humös (H) kenn-
zeichnen läßt. In dieser Humusschicht von
5) In einer mir bekannten Flugschrift „Wahrhafftiger
vnd eigentlicher Bericht/ Wie es mit dem Egerischen Blut-
bad zu vnd abgangen / den 15. Febr. 1634“ (Vgl. weiter unten
Anm. 64, c) heißt es: Rittmeister Ne wman/ des Hertzogs Kam-
mer Diener/ Gordans Reitschmid/ und des Obristen Illo
Mussquetirer hat man zu Eger begraben/ . . .
Es sind dies vier Personen. Es ist durchaus nicht
unwahrscheinlich, daß man dieselben auf der Kaiserburg,
wohin nach übereinstimmenden Berichten die Leichen aller
bei der Exekution ums Leben gekommenen Personen zunächst
geschafft worden waren, bestattet hat. Ich lasse die Frage
offen, ob zwischen dieser Überlieferung und dem oben beschrie-
benen Funde etwa ein Zusammenhang zu konstruieren ist.
Fig. 12 Pfeilerauflager 12 (Blick n. NO.)
J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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Im Verlaufe der eben besprochenen Unter-
suchungen unmittelbar um die Doppelkapelle herum
wurde, was hier nebenbei erwähnt sei, westlich von
der Doppelkapelle das Fragment einer Ziegelrinne
(47) gefunden.
Es sei bei dieser Gelegenheit eine Frage zur
Erörterung gebracht, welche vom ästhetischen Stand-
punkte aus nicht ohne Bedeutung ist. Welche Höhe
hatte zur Zeit Friedrichs I. das Gelände um die
Doppelkapeile herum? Lag die Doppelkapelle
vom Zeitpunkte ihrer Erbauung an bereits so ver-
tieft unter dem sie umgebenden Niveau wie heute ?
Alle Anzeichen sprechen zunächst dagegen. Das
Sockelprofil verschwindet teilweise unter dem Erd-
boden, das untere Eingangsportal erscheint unpropor-
tioniert, die ganze Kapelle scheint im Erdboden zu
ertrinken, drei Stufen, welche den Höhenunterschied bis
zur Türschwelle auszugleichen haben, scheinen nach-
träglich angefügt zu sein. Die Vermutung liegt nahe,
daß das Niveau um die Doppelkapelle herum früher
bedeutend tiefer war. Nun habe ich aber untersucht, wie
weit das Sockelprofil in den Erdboden hineinreicht,
und festgestellt, daß es sich hier um nur zirka 20 cm
handelt. Demnach kann höchstens eine der äußeren
Stufen als spätere Zufügung angesprochen werden.
Der erste von Westen nach Osten gezogene Ein-
schnitt (Zeichnung Fig. Hund 15, XIII—XIV)
wurde zunächst bis zu einer Tiefe von zirka
1 '5 m ausgeführt. Man fand außer den
besprochenen Holzsäulenauflagern keine
Fundamente, dagegen stieß man in einer
Tiefe von zirka 1 -25 m, etwa gegenüber
der Mitte der Doppelkapellensüdwand (60)
auf vier regellos aufeinander gewor-
fene menschliche Skelette.
Es handelt sich hier um Skelette, welche
offenbar einer jüngeren Zeit angehören,
da die Schädeldecke eines derselben ein
Schußloch aufweist5).
Da mit Hilfe des ersten Einschnittes
Fundamente des südlich von der Burg-
kapelle vermuteten Gebäudes nicht gefun-
den worden waren, wurde ein zweiter
Einschnitt parallel zur Doppelkapellen-
südwand (XVII—XVIII) ausgeführt, und
zwar im Abstande von 6'2m. Da die Chance,
Fundamente zu finden, hier größer er-
schien, so wurde diesmal, wie späterhin
regelmäßig, bis auf den gewachsenen
Boden herab gegraben, an einigen
Stellen, um die Bodenverhältnisse festzu-
stellen, sogar bis auf den Felsen.
Das Resultat war wieder ein unerwar-
tetes und überraschendes. In einer Tiefe
von 2-25 m unter der Erdbodenoberfläche
stieß man auf eine Erdschicht, welche
sich im Gegensätze zu der darüber liegen-
den, lehmigen (L) als humös (H) kenn-
zeichnen läßt. In dieser Humusschicht von
5) In einer mir bekannten Flugschrift „Wahrhafftiger
vnd eigentlicher Bericht/ Wie es mit dem Egerischen Blut-
bad zu vnd abgangen / den 15. Febr. 1634“ (Vgl. weiter unten
Anm. 64, c) heißt es: Rittmeister Ne wman/ des Hertzogs Kam-
mer Diener/ Gordans Reitschmid/ und des Obristen Illo
Mussquetirer hat man zu Eger begraben/ . . .
Es sind dies vier Personen. Es ist durchaus nicht
unwahrscheinlich, daß man dieselben auf der Kaiserburg,
wohin nach übereinstimmenden Berichten die Leichen aller
bei der Exekution ums Leben gekommenen Personen zunächst
geschafft worden waren, bestattet hat. Ich lasse die Frage
offen, ob zwischen dieser Überlieferung und dem oben beschrie-
benen Funde etwa ein Zusammenhang zu konstruieren ist.
Fig. 12 Pfeilerauflager 12 (Blick n. NO.)