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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Jonas, J. E.: Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0205
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39

J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911

40

Fig. 23 Freilegungen im Palas. Westliche Hälfte (Blick n. W.)

Ich machte früher darauf aufmerksam, daß die
viele Zentner schweren Grabsteinplatten zu Eger
aus recht entfernten Gegenden herbeigeschafft wor-
den sind. Es ist dies durchaus keine Absonderlich-
keit. Wurden doch bekanntlich zur Zeit der Hünen-
gräber zum Transport der Megalithe oft ganze Heere
aufgeboten. Aus der Bronzezeit sind auch für Böhmen
zahlreiche Beispiele vorhanden, daß besonders gut
ausgesuchte Platten wie auch Erde und Lehm oft aus
bedeutender Entfernung herangeschafft worden sind.

6. Es ist am Platze, hier die Aufmerksamkeit
darauf zu lenken, daß auf einer der Grabsteinplatten,
und zwar auf der einen Phyllitplatte (Fig. 16), un-
zweifelhaft die Andeutung eines Kreuzes zu erkennen
ist. Die Senkrechte desselben ist möglicherweise eine
im Gestein vorhandene natürliche Vertiefung, wäh-
rend die etwa handlange Horizontale zweifellos aus
ganz schmalen, dicht nebeneinander befindlichen, mit
einem Werkzeug eingegrabenen Strichen besteht17).

17) Wilhelm hält das Kreuz für eine Zufallsbildung
im Gestein. (Unser Egerland, XV. Jahrg., Heft XI—XII.)

Besonders die letztere Tatsache veranlaßt mich
zu der Annahme, daß wir eine christliche
Begräbnisstätte vor uns haben, und zwar
bezüglich Böhmen eine der ältesten, der Heiden-
zeit nahestehende.

Da die Christianisierung des Egerlandes
nach meiner Ansicht18) im wesentlichen in die
zweite Hälfte des VIII. Jhs. zu verlegen sein
dürfte, wäre unser Gräberfeld nach alledem dem

Nach Siegls Überzeugung ist es mit einem Instrumente
herausgearbeitet. (Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in
Böhmen, L. Jahrg., Nr. III). Szombathy hält es sehr wohl
für möglich, daß die beabsichtigte Anbringung des Symbols
des Christentums vorliegt.

18) Heinrich Gradl, der gründlichste Historiker des
Egerlandes, hat eine von meiner Auffassung abweichende
Ansicht. Nach ihm dürfte die Christianisierung des Eger-
landes erst im X. Jh. stattgefunden haben. Vgl. seinen Auf-
satz über „die kirchlichen Verhältnisse des Egerlandes von
der ältesten Zeit bis 1400“ im Egerer Jahrbuch von 1882.
Ich behalte mir vor, auf dieses Thema an anderer Stelle
näher einzugehen.
 
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