Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

DOI Heft:
Beiblatt
DOI Artikel:
Jonas, J. E.: Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0210
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
45

J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911

46

bewirkten, damit auf diese Weise ein möglichst
großer Mittelraum freiblieb, vielmehr setzte ich eine
einzige Pfeilerreihe, und zwar in der Mittel-
längsachse, voraus, wie es durch Beispiele für die
romanische Zeitepoche vielfach belegt ist. Eine Quer-
mauer als Abschluß derjenigen Palashälfte, welche
den großen Saal enthält, wurde ebenfalls in den
Bereich der Möglichkeit gezogen.

Diese Voraussetzungen erwiesen sich auch als
richtig. Ich fand 6 Pfeilerauflager (90—95) und eine
Quermauer (97). Das Untergeschoß war also in zwei
große Räume abgeteilt, deren jeder durch eine
Pfeilerreihe parallel zu den Längswänden unterteilt
wurde.

Merkwürdigerweise wurden außerdem noch
6 große, in Kreisbogenform angelegte Maue-
rungen aus Bruchstein entdeckt, 4 in den Ecken
des westlichen Raumes (99—102), 2 in dem östlichen
(103—104) (Fig. 23 und 24).

Es scheint sich hier, zumal einige Ziegelsteine
in den obersten Schichten des Mauerwerks ent-
halten sind, um Zufügungen einer jüngeren Epoche
zu handeln, deren einstige Zweckbestimmung aber
noch der Erklärung harrt.

Nur eines scheint mir sicher zu sein, nämlich,
daß jene runden Mauerungen nur eine untergeord-
nete Bedeutung haben konnten.

Die verhältnismäßig außerordentlich schwache
Fundierung bis zu einer Tiefe von nur zirka 0-30 bis
0-75 in unter das mutmaßliche frühere Fußboden-
niveau des Untergeschosses, ferner die Tatsache,
daß sich keinerlei weitere Maueransätze an den be-
nachbarten Hauptwänden des Palas finden, weist
schon darauf hin, daß diese Mauerwerke nicht etwa
früher höher waren, sie endeten vielmehr unterhalb
des früheren Estrichs. Dafür spricht auch die auf
der genannten Quermauer (97) aufgefundene, teilweise
vermoderte Eichenholzschwelle (98), die so angeordnet
ist, daß man eine darüber befindliche Tür nur pas-
sieren kann, wenn die davor gelagerte Mauerung (101)
unterhalb des Fußbodens gelegen ist.

gewesen sein können. Siegt. hält es offenbar für wahr-
scheinlicher, daß wendische Sitten von Deutschen über-
nommen wurden, als auf die natürliche Erklärung zurück-
zugreifen, daß jene Träger der Schläfenringe tatsächlich
Slawen waren und vor jener Zeit dort bestattet wurden.

5. führt Siegt, an, daß Nachrichten über erfolgte
Beerdigungen auf der Burg im Stadtarchiv nicht vorhanden
sind, und daß solche, falls sie vorhanden gewesen wären,
gewiß bei dem großen Stadtbrande im Jahre 1270, dem
auch das Archiv zum Opfer fiel, zugrunde gegangen sind.

Auch hiermit wäre ein Beweis für das von ihm an-
gesetzte Alter nicht erbracht.

Vielleicht finden die runden Mauerungen in der
Weise ihre Erklärung, daß dieselben seinerzeit innen
und oben mit Holz verkleidet waren, um als Auf-
bewahrungsorte für Pferdefutter zu dienen. Man
könnte annehmen, daß diese Futterkammern von
oben durch Klappen verschlossen wurden. Die teil-
weise Auffindung von Holzbalkenresten (108—112)
spricht für derartige Vermutungen20).

Schließlich wurde in einer noch größeren Tiefe,
etwa in der Mitte der westlichen Palashälfte, eine
ebenfalls ringförmige Mauerung (105) freigelegt,
welche aber eine wesentlich abwe.i chende Tech-
nik zeigt (Fig. 25).

Die ganz primitive Ausführung, die Verwendung
von Lehmmörtel, die Ausnutzung eines an dieser
Stelle anstehenden Felsenblockes (106), an welchen
das Mauerwerk in der Weise angebaut ist, daß das
Ganze zu einer Art Kesselform ergänzt wird, ferner
der Umstand, daß unmittelbar östlich unter einer
lehmigen Schicht, welche fast den Eindruck ge-
wachsenen Bodens macht, eine ausgedehnte, zirka
10 cm starke Holzkohleschicht gefunden wurde (107),
lassen darauf schließen, daß es sich hier um eine
Arbeit handelt, welche zweifellos älter ist als die
Burganlage selbst. Zwischen den obersten Schich-
ten dieser primitiven Aufmauerung lagert eine röt-
liche Lehmschicht von ziemlicher Stärke mit Spuren
mächtiger Brände. Es ist hier zweifellos mit Feuer
hantiert worden, und zwar müssen ungeheure Flam-
men gewütet haben.

Alle diese Momente haben Wilhelm die gewagte
Behauptung aufstellen lassen, daß wir möglicherweise
hier eine Opferstätte aus grauer Vorzeit vor
uns haben, eine Deutung, welche natürlich schwer
zu beweisen, aber auch schwer zu widerlegen ist.

Szombathy stellte durch seine genaue Unter-
suchung fest, daß die wechselnden Schichten rot
gebrannten Lehmes bis zu einer Tiefe von 1 m
unter den Boden des Palas reichen, und daß sie
sich unter der ringförmigen, aus unregelmäßigen
Bruchsteinen zusammengelegten Mauerung hinweg
auf einen größeren Umkreis als der Steinring
erstrecken. Der Durchmesser der rot gebrannten
Lehmschichten beträgt beiläufig 4 in, und über den-
selben hinaus sind noch 1—2 in weit Spuren von
Asche und Holzkohlen im Boden wahrnehmbar. Die
ersten großen Brandspuren sind also hier vor der
Anlage der Steinsetzung entstanden, und spätere
Feuer haben dann innerhalb des Ringes gebrannt.

20) Siegt, hält es für möglich, daß auf den ring-
förmigen Mauern Gefängniszellen errichtet waren. Ich
kann mich dieser Ansicht nicht anschließen.
 
Annotationen