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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Jonas, J. E.: Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0217
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J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911

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Nord- und die ganze Westseite des Burgterrains ein-
nimmt und gegen Ende des XVII. und in der Mitte
des XVIII. Jhs. an dieser Stelle aufgeschüttet worden
ist. Da diese Bastion dicht bepflanzt ist und gärt-
nerisch eAnlagen trägt, da ferner die Erdbewegun-
gen im Falle der Anwendung der Einschnittmethode
viel zu große geworden wären, um das Auswurf-
material innerhalb des Burggeländes placieren zu kön-
nen, so mußten die Untersuchungen bergmännisch
durchgeführt werden, d. h. es wurde mit Schächten
und Stollen gearbeitet. Die technischen Schwierig-
keiten waren infolgedessen ganz außerordentliche.
Um eine Vorstellung von denselben zu geben, sei
erwähnt, daß zwei Schächte bis zu der stattlichen
Tiefe von zirka 11 m abgeteuft werden mußten. Erst
in dieser Tiefe stieß man auf die gesuchten Funda-
mente, welche dann mittels Stollen verfolgt wurden.
Aus diesen Stollen mußte das Erdreich bis zu den
Sohlen der Schächte gekarrt und von dort bis zur Erd-
oberfläche hinaufgewunden werden. Es liegt auf der
Hand, daß proportional mit den technischen Schwierig-
keiten auch die Betriebskosten wachsen mußten.

Es sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewie-
sen, daß allerdings durch die Einschnittmethode
stets sicherere Erfolge gewährleistet werden, einmal,
weil die Funde tatsächlich freigelegt werden, dann
aber auch, weil das Erdreich in verschiedenen
Höhenlagen durchschnitten wird, wodurch die Chance
entsteht, auch jüngere Baulichkeiten aufzufinden,
welche etwa in höheren Schichten als die ursprüng-
lichen, also über den Fundamenten der letzteren,
errichtet worden sind.

Da diese Art der Untersuchung aus den bereits
genannten Gründen im vorliegenden Falle unmöglich
war, so mußte die Auswahl der Stellen, an wel-
chen die Ausgrabungsarbeiten einsetzen sollten, be-
sonders vorsichtig getroffen werden. Bezüglich
der Dinge, welche in dem zu untersuchenden Walle
verborgen liegen, herrschte vollständige Ungewißheit.
Die einzigen Anhaltspunkte waren die jetzt noch be-
stehenden Baulichkeiten und die alten Stiche der Burg
respektive der Stadt Eger, welche letzteren aber,
soweit glaubwürdig, doch nur bis in das XVI. Jh.
zurückreichen.

Das Ausgrabungsprogramm für die Arbeiten
im westlichen Burggelände entwickelte sich aus fol-
genden von mir angestellten Erwägungen:

Die Anlage der den Burgbering jetzt südlich ab-
schließenden Kasematten stammt aus der Zeit von
1655—1673. Denn in dieser Periode wurde, wie aus
verschiedenen Berichten hervorgeht22), Eger „auf

22) Nach Grassoi.d im Archiv der Stadt Eger.

eine neue Art befestigt“. Auf dem Plane des Merian
aus dem Jahre zirka 1650 (Fig. 3) sind sie noch nicht
dargestellt, zum ersten Mal erscheinen sie auf dem
Plane des k. k. Ingenieurs aus dem Jahre zirka 1672
(Fig. 4).

Vergleicht man diese beiden Darstellungen mit-
einander, so leuchtet ohne weiteres ein, daß die
Burganlage von 1650 offenbar kleiner war als die von
1672. Der schwarze Turm (Zeichnung Fig. 1), welcher
heute von der Gebäudemasse der Kasematten um-
schlossen wird, stand in der Mitte des XVII. Jhs. noch
frei. Ein Halsgraben wird sich zweifellos auch da-
mals an der südlichen Angriffsseite vor der dortigen
Ringmauer befunden haben. Es ist klar, daß dieser
Graben mit dem jetzigen südlichen nicht identisch
gewesen sein kann, daß derselbe sich vielmehr an
derjenigen Stelle befunden haben muß, welche
gegenwärtig von den Kasematten eingenom-
men wird.

Fragt man sich weiter, wo die auf dem Merian-
schen Plane deutlich wahrnehmbare südliche Ring-
mauer zu jener Zeit tatsächlich gestanden hat, so
gelangt man leicht zu dem Schlüsse, daß dieselbe
höchstwahrscheinlich den Standort der jetzigen
nördlichen, also dem Hofe zugekehrten Kase-
matten wand einnahm. Der ganze Kasemattenbau
präsentiert sich als ein Ziegelbau, dessen Mauerwerk
in seinen unteren Teilen vielfach an schadhaften
Stellen hinter den Ziegeln oder dem Innenputz Bruch-
steinmauerwerk zum Vorschein kommen läßt. Es ist
durchaus nicht ausgeschlossen, daß die südliche alte
Ringmauer in der nördlichen Ziegelkasematten-
mauer als Füllmauerwerk enthalten ist. Ich habe,
was von vornherein bemerkt sei, dem nicht mehr näher
nachgehen können, habe aber veranlaßt, daß Unter-
suchungen in dieser Richtung noch vorgenommen
werden23).

Es geht des weiteren aus dem Merianschen
Plane hervor, daß an der Südwestecke des Burg-
beringes ein kleines Gebäude gestanden hat.

Ein Wohngebäude oder ein Turm ist dasselbe
seiner geringen Größe wegen offenbar nicht gewesen.
Dagegen scheint eine Deutung als Torgebäude
nicht unmöglich, zumal der Eingang zur Burg zur
Zeit, da die Stadt als solche bereits befestigt und
der Burgbering diesen Fortifikationen einverleibt war,
dort ganz geeignet placiert gewesen sein dürfte.

23) Die Stadt Eger hat sich auf meinen eingehend
begründeten Antrag bereit erklärt, dementsprechende Arbeiten
durch das städtische Bauamt vornehmen zu lassen und
mich von dem Resultat zu verständigen. Bezüglich der
Ergebnisse ist mir noch keine Mitteilung zugegangen.

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