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Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini

gehütet haben, droht stets bei deren Tode verstreut und zerstört zu werden und unauffindbar
zu verschwinden. Die Publikation der Denkmäler ist erst in letzter Zeit in einer ungenügenden
Auswahl angebahnt worden durch die von Gurlitt eingeleitete Photographiensammlung
Kowalczyks. In diesem Sinne ist das großangelegte Werk von Ivekovic, das im Erscheinen
begriffen ist, freudigst zu begrüßen, denn jeglicher Kritik gegenüber muß nachdrücklichst
betont werden, daß hier das Wort gilt „bis dat qui cito dat“. Das Land beginnt infolge
politischer und nationaler Impulse aus der Lethargie zu erwachen und sich zu rühren.
Derartige junge Lebensregungen, genährt von fremder Unternehmungslust, sind meist dem
Alten nicht freundlich gesinnt und glauben oft im Zerstören eine größere Kulturtat zu
leisten als im Aufbauen. Am meisten Interesse für Dalmatien zeigt noch Italien — ich
spreche hier von der kunsthistorischen Forschung — und Venturi hat als erster Dalmatien
in den Gesichtswinkel der allgemeinen Kunstentwicklung in seiner Storia dell’ arte italiana auf-
genommen. Sicherlich ist gerade bei der dalmatinischen Kunst das Herausgreifen einzelner
Denkmäler und ihr Einfügen in die Geschichte der italienischen Kunst der richtigen historischen
Beurteilung und künstlerischen Wertung wenig förderlich. Die dalmatinische Kunst des Mittel-
alters ist kein bloß topographischer Begriff, sondern umfaßt eine historisch und stilistisch
geschlossene Gruppe von eigenem Gegräge, bei der gerade das Abweichen von der Ent-
wicklungslinie der italienischen Kunst scharf betont werden muß. Die physische Geographie
des Landes, die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse und nicht zumindest die eigen-
tümlichen materiellen Grundlagen der Bautätigkeit haben zwar einerseits eine leichte Auf-
nahmsfähigkeit fremden Einflüssen gegenüber bedingt, anderseits aber auch auf diese stets
stark umgestaltend und assimilierend gewirkt. Mag beim einzelnen Bauwerk die lokale
Eigenart nicht scharf und deutlich hervortreten, vielmehr oft als charakterlose provinzielle
Verballhornung des Vorbildes wirken, so kann eben erst die Integration aller unendlich
kleinen Werte, erst das Gesamtbild der Kunstentwicklung die umbildende Tendenz in ihrer
Einheitlichkeit und Stetigkeit zur Erscheinung bringen. Etwas ungemein Typisches in dem
einfachen Kräftespiel der äußeren und inneren Kräfte verleiht der Betrachtung allgemeine
Bedeutung.

Doch einem so vielversprechenden Überblick muß die Detailarbeit vorausgehen, nach-
dem nahezu nichts gegeben ist, worauf die Forschung sich stützen könnte.

Was im allgemeinen gesagt wurde, gilt auch im besonderen für die vorliegende Dar-
stellung der prominentesten Künstlerpersönlichkeit des Quattrocento in Dalmatien, des
Meisters Giorgio da Sebenico. Sein bedeutendstes und umfassendstes Werk, der Dom in
Sebenico, muß allein zu einer monographischen Behandlung reizen. Die wichtige Gruppe
der Anconitaner Bauten des Meisters hat ebenfalls bis jetzt keine erschöpfende Darstellung
gefunden. Vielleicht gelingt es auch, über die Sichtung des reichen Materials hinaus weitere
Perspektiven zu eröffnen, Beziehungen aufzudecken und Fäden allgemein kunstgeschichtlicher
Bedeutung nachzugehen.

Vor allem soll durch genaue graphische Aufnahmen der Denkmalbestand festgelegt
und bekannt gemacht werden, da diesbezüglich kaum etwas Nennenswertes bisher publiziert
wurde. Die zweite Grundlage mußten die Archivalien bilden. Für die Anconitaner Bauten
sind die archivalischen Vorarbeiten von Gianuizzi bereits in einwandfreier Weise in einem
kurzen Aufsatz im Archivio storico dell’ arte niedergelegt. Auch die Guidenliteratur ist dort
zusammengestellt. Die Archivalien aus Sebenico wurden von Herrn Vojeslav Mole ge-
sammelt und im Anhang mitgeteilt. Es sei schon hier darauf verwiesen, daß sie auch einige
 
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