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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 7.1913

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Weingartner, Josef: Bemalte Bildstöcke in Tirol: Vier charakteristische Beispiele
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https://doi.org/10.11588/diglit.28308#0235
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Bemalte Bildstöcke in Tirol

Vier charakteristische Beispiele

I. Lienz

Der älteste bemalte Bildstock Deutschtirols
steht etwas außerhalb der Stadt Lienz, neben dem
alten Siechenhause. Auf zylindrischer Basis erhebt
sich der vierseitige Hauptteil mit vier flachbogen-
überwölbten Nischen zwischen roh und teilweise
auch unregelmäßig gefügten Trennungswänden. Der
Bildstock ist aus Bruchsteinen aufgemauert und
trägt ein kräftig vorkragendes Bretterdach1) (Fig. 1).

Die vier Nischen sind mit figuralen Darstellun-
gen ausgefüllt. Die Westseite zeigt im Nischengrund
den Kruzifixus, an den Schrägseiten Maria und Jo-
hannes, am Wölbungsbogen Sonne und Mond (Fig. 2).

Die Südseite trägt die Anbetung der Könige,
Maria und zwei Könige in der Mitte, den dritten
König und den hl. Josef links und rechts an den
Schrägseiten (Fig. 3).

Die Nordseite wird von vier Heiligenfiguren
geziert. St. Dorothea und St. Katharina stehen zwi-
schen zwei Bischöfen, von denen der eine außer
dem Stabe auch noch ein Buch trägt. Genauer be-
zeichnende Attribute waren entweder nie vorhanden
oder befanden sich vielleicht zu den Füßen der
Bischöfe und sind nun zerstört (Fig. 4).

Die Ostseite endlich ist ganz unregelmäßig
gebildet. Der Nischengrund geht hier links ohne
Flächenbruch in die Trennungswand über und trägt
das Bild des hl. Christof. Auf der rechten Schräge
scheinen nicht mehr deutlich erkennbare Felsen dar-
gestellt zu sein. Vielleicht ist es die bei Christoph-
bildern häufige Felsenlandschaft mit dem Einsiedler
(Fig. 5).

Der Bildgrund ist durchaus in drei verschieden-
farbige (gelb, grün, blau) Horizontalstreifen geteilt,
von denen der mittlere, grüne Streifen am schmälsten
ist. Die Bilder werden ebenso wie die Wölbungsbogen
der Nischen von rohen weißen und roten Bändern
eingefaßt, die sich an den Kanten der roh marmorier-
ten Zwischenwände bis zum runden Sockel hinunter-
ziehen und dort in ungelenken Schleifen schließen.

*) Die Holzlage um den Bildstock ist nun weggeschafft
und dafür ein zweckmäßiger Holzzaun angebracht.

Der Erhaltungszustand der Bilder ist in den
oberen Teilen, abgesehen von den starken Staub-
flecken, ziemlich gut. Die unteren, der Witterung
mehr ausgesetzten Partien aber sind stark beschä-

Fig. i Bildstock in Lienz

digt und besonders am Übergang des Hauptteiles
zum Sockel ist der ganze bemalte Mürtelbewurf sehr
gefährdet2).

Die künstlerische Qualität der Gemälde ist
freilich nicht sehr bedeutend, selbst wenn man von
der durchaus rohen Art der Ornamente ganz ab-
sehen wollte. Die Figuren sind unproportioniert und
haben kein Knochengerüst, die Gesichter mit den

2) Im Sommer 1913 wurden die Bildstöcke bei Lienz,
bei Bruneck und Gufidaun im Aufträge der Z. K.. restauriert.

f
 
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