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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 7.1913

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Frey, Dagobert: Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
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https://doi.org/10.11588/diglit.28308#0026
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Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini

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bietet eine Arbeit, die er zufolge einer Quittung vom 30. November 144112) gemeinsam
mit Meister Antonio Busato13) lapicida di Venezia ausführte. Es war dies der Hochaltar
der Franziskanerkirche in Form eines Ziboriums. Dieser wurde im Jahre 1748 demoliert
und die Säulen als Stützen der Orgelempore verwendet. Zwei Kapitale zeigen äjour-ge-
arbeitetes krauses Blattwerk mit Prophetengestalten an den Ecken (Fig. 7), während die
anderen beiden roh gearbeitet sind und aus verschlungenen Wülsten bestehen. Erstere
waren offenbar an der Vorderseite, letztere hinten verwendet. Die Zusammengehörigkeit
der Kapitäle wird durch die gleichen Basen bestätigt, an denen sich jene unschönen ver-
knoteten Wülste wiederfinden. Nachdem zwei Steinmetze an diesem Werk beschäftigt waren,
liegt es nahe, die qualitativ so verschiedene Arbeit auch den verschiedenen Arbeitern
zuzuschreiben.

Da Busato sowohl in Venedig, wo er im Jahre 1442 an der Cä d’oro arbeitet14), als
auch in späterer Zeit an der Domsakristei in Sebenico (Rg. Nr. 99) nur mindere hand-
werksmäßige Arbeiten ausführt und auch seine Besoldung
g-eringer war als die des Pi nein o, so können wir wohl mit
einiger Wahrscheinlichkeit diesem die Ausführung der
vorderen Blattkapitäle zuschreiben, womit aber noch nicht
seine Urheberschaft erwiesen ist. So übernimmt derselbe
Meister am 5. Jänner 1447 ebenfalls mit einem zweiten
Scarpellino mag. Andreas Butrich die Ausführung eines
Grabmales nach dem Entwürfe des Meisters Giorgio.

Mit den vorderen Ziborienkapitälen zeigen nun die
Wandkonsolen im Dom — mit Ausnahme der ersten rechts,
welche eine unverkennbare Arbeit Giorgios ist — sowie
die Langhauskapitäle — mit Ausnahme des dritten rechts
(Fig. 9), das ebenfalls Giorgio zuzuschreiben ist —• größte
Übereinstimmung; man vergleiche nur das knittrige Blatt-
werk der Konsolen mit den Eckblättern in S. Francesco
und die knorpeligen, leichtgeschwungenen Blätter und Blüten
der Domkapitäle mit dem mittleren Blatt und der Blume an den Ziborienkapitälen. Die
Langhauskapitäle und Konsolen im Dom sind daher mit Sicherheit dem Meister Pi nein o
zuzuschreiben und wahrscheinlich bis auf die beiden erwähnten Ausnahmen noch in der
ersten Bauperiode gearbeitet.

Noch ist eine Persönlichkeit von schärferem künstlerischem Gepräge zu erwähnen, deren
Anwesenheit in Sebenico um diese Zeit nachweisbar ist; es ist dies Meister Boninus de
Milano. Er wird in einem Sebenicenser Notariatsakt vom 2. März 1433 (Rg. Nr. 8) als

Fig. 7 Kapital der Orgelempore
in der Franziskanerkirche in Sebenico

Gegenbeweis angesehen werden, da er nach der Aus-
führung des Seitenschifftravees bis 1444 in Sebenico nicht
nachweisbar ist. Sein Vater wird in einem Kontrakt vom
16. August 1447 Nicolaus genannt und war bereits
damals verstorben. Er arbeitet später unter Giorgios
Leitung am Dombau und erscheint am 15. November 1451
als nuper factus civis Sibenici und das letztemal am
15. November 1452.

12) Atto di Not. Antonio Campolongo. — Vojeslav
Moiufc, Urkunden und Regesten zur Geschichte der dal-
matinischen Kunst aus dem Notariatsarchiv von Sebenico

im Kunsthistorischen Jahrbuch der k. k. Zentralkommission,
Bd. VI.

13) Er wird das erstemal in Sebenico am 14. Oktober
1440 genannt: Anthonius Busato qu. Petri de Venetiis und
tritt als Schwager eines andern Steinmetzen auf, des Zaninus
Anthonius Thomasius de Venetiis habitator Tragurii. Er
wird das letztemal am 26. Februar 1453 erwähnt und ist
am 14. Mai 1467 bereits verstorben.

14) Er arbeitet gemeinsam mit Antonio Foscolo laut
Baujournal vom 6. Mai 1442 an der Freitreppe im Hof
(Paolettj, I, S. 21).
 
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