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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 7.1913

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Frey, Dagobert: Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
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https://doi.org/10.11588/diglit.28308#0060
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Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini

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tisterio. Das Baptisterium, das unterhalb der rechten Seitenapsis mit Benutzung des starken
Gefälles gegen das Meer zu angeordnet ist, mußte demnach im Jahre 1452, wenn auch nicht
in der dekorativen Ausstattung, so doch als Raum fertiggestellt sein (Fig. 23). Der organische
Zusammenhang zwischen Sakristei, Baptisterium und rechter Apsis läßt es wahrscheinlich
erscheinen, daß auch diese der Vollendung nahe war und neben der Konchie auch schon
das vorgelegte Travee mit der Tonne eingewölbt war oder gleichzeitig mit dem Bau der
Sakristei eingewölbt wurde (Fig. 19).

Die figuralen Arbeiten des Baptisteriums, zwei Nischenfiguren (die beiden anderen sind
nicht mehr erhalten) und die in flachem Relief gearbeiteten Engel an der Wölbung zeigen
bei starker Abhängigkeit vom Stile Giorgios
doch eine andere technische Behandlung.

Venturi will darin die Hand des Meisters
Andrea di Niccolö de Durazzo erkennen.

Die künstlerische Persönlichkeit dieses Meisters
ist durch andere sicher beglaubigte Arbeiten
in Dalmatien genügend bestimmt und auch
schon von Eitelberger32), Jackson33) und Ven-
ruRi34) eingehend behandelt worden. Vor seiner
Tätigkeit in Sebenico ist uns von Andrea nichts
bekannt. Zum ersten Male wird er hier am
8. Jänner 1448 als magister erwähnt. Er muß
in sehr jungen Jahren nach Sebenico gekom-
men sein, da er noch 1497 am Domkampanile
in Spalato arbeitet und 1504 gestorben sein
soll35). Seine Beziehung zu Meister Giorgio
erhellt ein Dokument vom 14. April 1452
(Rg. Nr. 98), so daß wir ihn auch schon vor-
her am Dom beschäftigt vermuten können.

Den Ausgangspunkt und die Grundlage für
die stilkritische Untersuchung bildet das Bap-
tisterium in Trau, das durch die Inschrift
vom Jahre 1457 als alleiniges Werk des
Meisters bezeugt ist. Architektur, Ornament
und figurale Arbeit zeigen deutlich die Abhängigkeit von Giorgio, als dessen Schüler
er unbedingt anzusprechen ist. Alle von ihm verwendeten Architekturmotive sind von
Giorgio entlehnt: die Flachnischen, die eingestellten Ecksäulen oder Dienste, der zwei-
reihige flamboyante Blattkarnies. Dagegen fehlt bei ihm die logisch zwingende Entwicklung
und gegenseitige Abstimmung der Motive, so daß sie ziemlich wüst zusammengewürfelt
erscheinen. Die figuralen Arbeiten zeigen eine äußerst manirierte Behandlung sowohl in
der starken Überhöhung der Gestalten als in der schematischen, rein linearen Falten-
behandlung. Er ist eine Persönlichkeit ohne künstlerischen Charakter, die bei einer das

32) Eitelberger, Die mittelalterlichen Kunstdenk- 34) Venturi, La scultura dalmata nel XV Secolo in

male Dalmatiens, Jahrb. d. Zentralkommission V, 1861. Barte anno XI 1908 und Storia delP arte italiana, vol. VI.

33) Jackson, Dalmatia, the Quarnero and Istria, 35) J. Kukutjevtc, im Künstlerlexikon von Thieme

Oxford 1887. und Becker.

Fig. 25 Sakristei des Domes in Sebenico
 
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