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Dagobeet Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
Eine der ältesten Arbeiten ist das Portal seines eigenen Hauses. Laut Kaufbrief ging
das Haus im Juni 1445 in seinen Besitz über. Das Tor dürfte bald danach ausgeführt sein.
Das Profil des Sturzes zeigt große Ähnlichkeit mit den Gesimsen über der Sakristeitür
und über der Eingangstür aus dem Seitenschiff ins Baptisterium. Es gehört sicher der
Periode vor den Ankonitanerbauten an. Der Türrahmen besteht aus einer Faszie mit Nägel-
köpfen und einem flachen lesbischen Kyma zwischen glatten Faszien. In der Mitte des
Sturzes ist ein Bär angebracht, der einen dünnen Lorbeerfeston hält, der durch Ringe ge-
halten an den Gewänden herabfällt und in dichtgebundenen Bouquets endet, in die rechts
ein Steinmetzhammer, links drei Meißel eingebunden sind.
Von einer andern Arbeit berichtet ein
Vertrag vom 5. Jänner 1447 (Rg. Nr. 37), in
dem Meister Laurentius Pincino und
Meister Andreas Butcich aus Sebenico
sich verpflichten, für Ser Nicolaus Draga-
nich und dessen Bruder Stefan einen Sarko-
phag nach dem Entwürfe und den Angaben
Meister Giorgios zu arbeiten. Dieser .Sarko-
phag war ursprünglich in der Martinskapelle
der Kirche S. Francesco aufgestellt und be-
findet sich jetzt in Zlosella, einer kleinen Ort-
schaft in der Nähe von Sebenico. Für die
Identifizierung sprechen die von Professor
Miagostovich angeführten Tatsachen153). Zwei-
fellos liegt eine Arbeit aus der Schule des
Meisters Giorgio vor, wie die ruhigen aus-
geglichenen Verhältnisse, die einfachen groß-
zügigen Profile und das Dominieren der
glatten Fläche bezeugen, welche die figuralen
Skulpturen, in der Mitte Maria mit dem Kinde,
an den Ecken anbetende Engel, um so wirkungsvoller hervortreten läßt. Beachtenswert
sind die freistehenden Fialen, die deutschen Einfluß verraten und an Holzschnitzarbeiten
erinnern. Derartige aus dem Norden eingeführte Formen sind in der ersten Hälfte des
XV. Jhs. in Venedig nicht selten, wo um diese Zeit zum Teil in Verbindung mit dem Mai-
länder Dombau häufig deutsche Steinmetze und Bildschnitzer anzutreffen sind. Das Chor-
gestühl in Zara, das aus der Zeit des Erzbischofs Valeresso (1450—1495) stammt, soll
zufolge eines Notariatsaktes ebenfalls von einem deutschen Bildschnitzer ausgeführt sein64).
Jenes von Arbe, das in den Formen genau übereinstimmt und die Jahreszahl 1445 trägt,
ist vermutlich von der gleichen Hand.
Bei dem gleichzeitigen Bau der Cisterna magna ist in der künstlerischen Ausschmückung
ebenfalls der Einfluß Giorgios zu erkennen. Die vier pozzi haben eine glatte zylindrische
Grundform, die aus sechs Platten zusammengesetzt ist, und tragen als einzige Schmuckform
je drei kreisrunde Wappen, die von einem gewundenen Rundstab eingefaßt sind. Diese
Wappen, ebenso wie die drei gleichen an der Außenmauer der Seeseite (Fig. 46), die den-
63) Miagostoyich, II nuovo Cronistra di Sebenico. 64) Mitgeteilt von .Direktor Bruneixi. Leider konnte
V—VI 1897/8, S. 274. ich in den Akt nicht Einsicht nehmen.
Dagobeet Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
Eine der ältesten Arbeiten ist das Portal seines eigenen Hauses. Laut Kaufbrief ging
das Haus im Juni 1445 in seinen Besitz über. Das Tor dürfte bald danach ausgeführt sein.
Das Profil des Sturzes zeigt große Ähnlichkeit mit den Gesimsen über der Sakristeitür
und über der Eingangstür aus dem Seitenschiff ins Baptisterium. Es gehört sicher der
Periode vor den Ankonitanerbauten an. Der Türrahmen besteht aus einer Faszie mit Nägel-
köpfen und einem flachen lesbischen Kyma zwischen glatten Faszien. In der Mitte des
Sturzes ist ein Bär angebracht, der einen dünnen Lorbeerfeston hält, der durch Ringe ge-
halten an den Gewänden herabfällt und in dichtgebundenen Bouquets endet, in die rechts
ein Steinmetzhammer, links drei Meißel eingebunden sind.
Von einer andern Arbeit berichtet ein
Vertrag vom 5. Jänner 1447 (Rg. Nr. 37), in
dem Meister Laurentius Pincino und
Meister Andreas Butcich aus Sebenico
sich verpflichten, für Ser Nicolaus Draga-
nich und dessen Bruder Stefan einen Sarko-
phag nach dem Entwürfe und den Angaben
Meister Giorgios zu arbeiten. Dieser .Sarko-
phag war ursprünglich in der Martinskapelle
der Kirche S. Francesco aufgestellt und be-
findet sich jetzt in Zlosella, einer kleinen Ort-
schaft in der Nähe von Sebenico. Für die
Identifizierung sprechen die von Professor
Miagostovich angeführten Tatsachen153). Zwei-
fellos liegt eine Arbeit aus der Schule des
Meisters Giorgio vor, wie die ruhigen aus-
geglichenen Verhältnisse, die einfachen groß-
zügigen Profile und das Dominieren der
glatten Fläche bezeugen, welche die figuralen
Skulpturen, in der Mitte Maria mit dem Kinde,
an den Ecken anbetende Engel, um so wirkungsvoller hervortreten läßt. Beachtenswert
sind die freistehenden Fialen, die deutschen Einfluß verraten und an Holzschnitzarbeiten
erinnern. Derartige aus dem Norden eingeführte Formen sind in der ersten Hälfte des
XV. Jhs. in Venedig nicht selten, wo um diese Zeit zum Teil in Verbindung mit dem Mai-
länder Dombau häufig deutsche Steinmetze und Bildschnitzer anzutreffen sind. Das Chor-
gestühl in Zara, das aus der Zeit des Erzbischofs Valeresso (1450—1495) stammt, soll
zufolge eines Notariatsaktes ebenfalls von einem deutschen Bildschnitzer ausgeführt sein64).
Jenes von Arbe, das in den Formen genau übereinstimmt und die Jahreszahl 1445 trägt,
ist vermutlich von der gleichen Hand.
Bei dem gleichzeitigen Bau der Cisterna magna ist in der künstlerischen Ausschmückung
ebenfalls der Einfluß Giorgios zu erkennen. Die vier pozzi haben eine glatte zylindrische
Grundform, die aus sechs Platten zusammengesetzt ist, und tragen als einzige Schmuckform
je drei kreisrunde Wappen, die von einem gewundenen Rundstab eingefaßt sind. Diese
Wappen, ebenso wie die drei gleichen an der Außenmauer der Seeseite (Fig. 46), die den-
63) Miagostoyich, II nuovo Cronistra di Sebenico. 64) Mitgeteilt von .Direktor Bruneixi. Leider konnte
V—VI 1897/8, S. 274. ich in den Akt nicht Einsicht nehmen.