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Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
der Piazza. Der Niveauunterschied ist ein so bedeutender, daß vorne die Straße tief unter
dem ersten Geschoß der Vorderfassade liegt, während man von hinten direkt in das zweite
Geschoß gelangt. Dem entspricht die eigentümliche Treppenanordnung; ein Lauf der Frei-
treppe vor dem Hause führt zu einem Podest, von dem ein zweiter Stiegenlauf unter dem
zweiten Stock des Hauses in den kleinen Hof weiterführt. Der Palazzo war ursprünglich,
abgesehen von der Überbrückung der Stiege, nur zweiachsig projektiert; eine dritte Fenster-
achse wurde später in den zwei unteren Stockwerken angebaut (Fig. 47). Auch der Ver-
bindungsgang mit dem links angrenzenden Hause war ursprünglich nur in einem Stockwerke
ausgebaut. Im dritten Stock, der sicher schon ursprünglich ausgeführt wurde, sind die alten
Fenster nicht mehr erhalten; sie wurden später
etwas zusammengerückt.' Auffallend ist die ver-
schiedene Behandlung der Skulpturen in den drei
Stockwerken. Im ersten Stock zeigen die Fenster-
bänke, vor allem die rechte mit dem Kopf im
krausen gotischen Blattwerk, große Ähnlichkeit
mit den Konsolen in den Seitenschiffen des Domes;
auch das Kordongesims darüber in der schwäch-
lichen Profilierung erinnert an die ältere Zeit. Die
beiden obersten Geschosse dagegen scheinen aus
späterer Zeit zu stammen. Vielfache Anklänge an
andere Bauwerke des Meisters Giorgio sind zu
beobachten. Die schöne einfache Fensterbank im
zweiten Stock rechts erinnert in der Grundform
der geschwungenen Konsole an eine Fensterbank
in Zara, der Kopf in der derb stilisierten Be-
handlung an die Köpfe der Domapsiden. Das
Todeswappen im Tondo erinnert in Komposition
und plastischer Behandlung an das Wappen am
Pozzo in Pago. Die Putti sind äußerst hölzern
und eine vollkommen minderwertige Handwerker-
arbeit. Etwas besser in der Bewegung sind jene,
Fig. 48 Kapital in der Raineriuskapelle in Spalato welche das Medaillon mit einem männlichen Bild-
nis tragen und an die Engel am Dom erinnern,
welche die Inschriftrolle vom Jahre 1443 halten. Interessant sind die Grotesken am Parapett
des dritten Stockes, welche trotz der derben an Holzschnitztechnik gemahnenden Aus-
führung schön in der Zeichnung sind und in der Komposition zweifellos antiken Einfluß
verraten. Beachtenswert ist das Kannelurenmotiv der Pfeilerchen, das wir in Tolentino
wiederfinden werden. Das Ganze ist sicher nach Gregorios Entwurf, aber von minderen
Arbeitern und ohne eigenhändige Mitwirkung des Meisters ausgeführt.
Spalato
Im Jahre 1444 erhielt Meister Giorgio von den Benediktinerinnen von S. Domenico
in Spalato den Auftrag, eine Kapelle des hl. Rainerius an die Kirche anzubauen. Die
Arbeit scheint auch in der vorgeschriebenen Zeit von drei Jahren zum Abschluß gekommen
zu sein, da er im Jahre 1447 Paolo degli Aurelii da Montana beauftragt, in seinem Namen
Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
der Piazza. Der Niveauunterschied ist ein so bedeutender, daß vorne die Straße tief unter
dem ersten Geschoß der Vorderfassade liegt, während man von hinten direkt in das zweite
Geschoß gelangt. Dem entspricht die eigentümliche Treppenanordnung; ein Lauf der Frei-
treppe vor dem Hause führt zu einem Podest, von dem ein zweiter Stiegenlauf unter dem
zweiten Stock des Hauses in den kleinen Hof weiterführt. Der Palazzo war ursprünglich,
abgesehen von der Überbrückung der Stiege, nur zweiachsig projektiert; eine dritte Fenster-
achse wurde später in den zwei unteren Stockwerken angebaut (Fig. 47). Auch der Ver-
bindungsgang mit dem links angrenzenden Hause war ursprünglich nur in einem Stockwerke
ausgebaut. Im dritten Stock, der sicher schon ursprünglich ausgeführt wurde, sind die alten
Fenster nicht mehr erhalten; sie wurden später
etwas zusammengerückt.' Auffallend ist die ver-
schiedene Behandlung der Skulpturen in den drei
Stockwerken. Im ersten Stock zeigen die Fenster-
bänke, vor allem die rechte mit dem Kopf im
krausen gotischen Blattwerk, große Ähnlichkeit
mit den Konsolen in den Seitenschiffen des Domes;
auch das Kordongesims darüber in der schwäch-
lichen Profilierung erinnert an die ältere Zeit. Die
beiden obersten Geschosse dagegen scheinen aus
späterer Zeit zu stammen. Vielfache Anklänge an
andere Bauwerke des Meisters Giorgio sind zu
beobachten. Die schöne einfache Fensterbank im
zweiten Stock rechts erinnert in der Grundform
der geschwungenen Konsole an eine Fensterbank
in Zara, der Kopf in der derb stilisierten Be-
handlung an die Köpfe der Domapsiden. Das
Todeswappen im Tondo erinnert in Komposition
und plastischer Behandlung an das Wappen am
Pozzo in Pago. Die Putti sind äußerst hölzern
und eine vollkommen minderwertige Handwerker-
arbeit. Etwas besser in der Bewegung sind jene,
Fig. 48 Kapital in der Raineriuskapelle in Spalato welche das Medaillon mit einem männlichen Bild-
nis tragen und an die Engel am Dom erinnern,
welche die Inschriftrolle vom Jahre 1443 halten. Interessant sind die Grotesken am Parapett
des dritten Stockes, welche trotz der derben an Holzschnitztechnik gemahnenden Aus-
führung schön in der Zeichnung sind und in der Komposition zweifellos antiken Einfluß
verraten. Beachtenswert ist das Kannelurenmotiv der Pfeilerchen, das wir in Tolentino
wiederfinden werden. Das Ganze ist sicher nach Gregorios Entwurf, aber von minderen
Arbeitern und ohne eigenhändige Mitwirkung des Meisters ausgeführt.
Spalato
Im Jahre 1444 erhielt Meister Giorgio von den Benediktinerinnen von S. Domenico
in Spalato den Auftrag, eine Kapelle des hl. Rainerius an die Kirche anzubauen. Die
Arbeit scheint auch in der vorgeschriebenen Zeit von drei Jahren zum Abschluß gekommen
zu sein, da er im Jahre 1447 Paolo degli Aurelii da Montana beauftragt, in seinem Namen