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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 7.1913

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Frey, Dagobert: Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
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https://doi.org/10.11588/diglit.28308#0099
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Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini

Da Giorgio infolge der Sistierung des Dombaues im März 1448 in Sebenico nicht mehr
gebunden war, übernahm er am 30. Juni desselben Jahres (Rg. Nr. 55) die Ausführung
der Kapelle des hl. Anastasius im Dom zu Spalato88). Diese sollte laut Kontrakt als Gegen-
stück zur Kapelle des hl. Doimus in ganz gleicher Weise ausgeführt werden. Giorgio
übernimmt die Arbeit, für die das Domkapitel die Baumaterialien beizustellen hat, für
306 Dukaten, verspricht, das Werk in zwei und einem halben Jahre zu vollenden. Die
ältere Kapelle des hl. Doimo, rechts vom Hochaltar, die der neu zu errichtenden als Vor-
bild diente, wurde im Jahre 1427 von Boninus da Milano ausgeführt. Von dieser ist noch
der Baldachin auf Säulen erhalten, mit dem im architektonischen Aufbau die Arbeit Gior-
gios vollkommene Übereinstimmung aufweist. Der alte Altar selbst ist in der Doimuskapelle
nicht vorhanden. Der Anastasiusaltar zeigt das in Venedig übliche Schema (Fig. 49). Auf dem
als Predella behandelten Sarkophag ruht der Heilige unter einem von drei Engeln gehaltenen

Fig. 50 Predella des Anastasiusaltares im Dom von Spalato

symmetrisch drapierten Baldachin. Feierlicher Ernst und Ruhe herrscht in Bewegung und
Gesichtsausdruck der Gestalten. Die Engel erscheinen in ihrer strengeren Schönheit gegen-
über den jugendlichen, elastischen Figuren am Dom zu Sebenico mit leicht archaisierender
Härte gegen das Vorbild abgestimmt. Ein Zug, der ganz auffallend alle Bildwerke Giorgios,
die ungefähr gleichzeitig in Spalato entstanden sein dürften, charakterisiert. Und doch sind
die Züge gegenüber den derben, schematischen Gestalten Boninos ungemein veredelt und
vertieft. Die Gewänder zeigen ein bewegtes Lineament und die Haare sind in großen Locken
stilisiert. Selbständiger sind die Figuren der Predella behandelt (Fig. 50). Die Heiligen-
gestalten sind gedrungen, haben große, breite Schädel; die Gewänder fallen, den Körper

Kapitäle bildeten. Die Basen gehören zu den seitlichen
aus dem Achteck konstruierten Wandpfeilern. Man sehe
sich daraufhin die Quadrifora des Hauses Dalle Costa
(Katalanic) an. Die schlanken oktogonalen Säulchen und
kelchförmigen in achteckiger Grundform aufsteigenden
Kapitäle sowie das Plattenprofil darüber zeigen den Stil
der Schule des Meisters Giorgio.

6S) An Stelle der neu projektierten Kapelle stand

eine alte, deren Demolierung Giorgio übernimmt unter
der Bedingung, die Steine, wenn möglich für den Neubau
benützen zu dürfen salvis et reservatis pro ecclesia praedicta
columnis lidibus et basis ipsius capellae non ponendis in
opere praedicto. Daraus ist wohl zu schließen, daß auch die
ältere Kapelle von einem gewölbten Baldachin auf Säulen
überdeckt war.
 
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