Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
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ganz verhüllend, bis über die Füße. Spiel- und Standbein sind kaum unterschieden. Der
Faltenwurf ist gi'oßzügig und einheitlich behandelt, indem eine Richtung der Linienführung
vorherrscht. Sie gehören jener Gruppe der venetianischen Plastik an, welche zwar die
Tradition noch festhält, aber doch schon in der schärferen Charakteristik wie besonders in
der Drapierung Florentiner Einfluß verrät, und welche vor allem durch die Schule der Buon
repräsensiert wird. In jeder Hinsicht scheint hiervon die Darstellung der Geißelung Christi
in der Mitte zu kontrastieren. Alfred Gotth. Mayer sieht darin eine spätere Arbeit eines
andern Meisters; Venturi schreibt sie Giorgio zu. Alle drei Gestalten sind nur mit einem
Schurz bekleidet, der den Oberkörper und die Beine bis übers Knie entblößt läßt. Die Be-
handlung des Nackten steht somit dem Künstler im Vordergrund des Interesses. Stärkste
Emotion spricht sich in der leidenschaftlich bewegten Linienführung aus. Die Gestalten sind
stark überschnitten und die Linien der Arme und Beine schroff durchkreuzt. In den Haaren
ist eine naturalistische Individualisierung versucht. Trotzdem glaube ich darin ein Werk
Giorgios sehen zu müssen. Das Bildwerk ist vollkommen in die Gesamtkomposition ein-
gepaßt und keine äußeren Momente machen eine spätere Einfügung wahrscheinlich. Sicher
kann es nicht einer späteren Zeit zugeschrieben werden. Trotz der starken Betonung der Be-
wegung sind die Gestalten doch noch nicht richtig ponderiert. Das Dekorative im Lineament
beherrscht die Komposition. Die Bewegungen ergeben sich nicht mit Notwendigkeit aus
der Aktion, sondern sie sind für die Emotion der Handlung ornamentale Symbole. Das
Relief nimmt eine markante Stelle in der künstlerischen Entwicklung Giorgios ein und
ist eine der bedeutendsten bildhauerischen Schöpfungen des Meisters.
Ungefähr gleichzeitig müssen noch einige Bildhauerarbeiten von ihm in Spalato aus-
g’eführt worden sein, wenn auch hierfür die Belege fehlen. Die innere Verwandtschaft mit
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ganz verhüllend, bis über die Füße. Spiel- und Standbein sind kaum unterschieden. Der
Faltenwurf ist gi'oßzügig und einheitlich behandelt, indem eine Richtung der Linienführung
vorherrscht. Sie gehören jener Gruppe der venetianischen Plastik an, welche zwar die
Tradition noch festhält, aber doch schon in der schärferen Charakteristik wie besonders in
der Drapierung Florentiner Einfluß verrät, und welche vor allem durch die Schule der Buon
repräsensiert wird. In jeder Hinsicht scheint hiervon die Darstellung der Geißelung Christi
in der Mitte zu kontrastieren. Alfred Gotth. Mayer sieht darin eine spätere Arbeit eines
andern Meisters; Venturi schreibt sie Giorgio zu. Alle drei Gestalten sind nur mit einem
Schurz bekleidet, der den Oberkörper und die Beine bis übers Knie entblößt läßt. Die Be-
handlung des Nackten steht somit dem Künstler im Vordergrund des Interesses. Stärkste
Emotion spricht sich in der leidenschaftlich bewegten Linienführung aus. Die Gestalten sind
stark überschnitten und die Linien der Arme und Beine schroff durchkreuzt. In den Haaren
ist eine naturalistische Individualisierung versucht. Trotzdem glaube ich darin ein Werk
Giorgios sehen zu müssen. Das Bildwerk ist vollkommen in die Gesamtkomposition ein-
gepaßt und keine äußeren Momente machen eine spätere Einfügung wahrscheinlich. Sicher
kann es nicht einer späteren Zeit zugeschrieben werden. Trotz der starken Betonung der Be-
wegung sind die Gestalten doch noch nicht richtig ponderiert. Das Dekorative im Lineament
beherrscht die Komposition. Die Bewegungen ergeben sich nicht mit Notwendigkeit aus
der Aktion, sondern sie sind für die Emotion der Handlung ornamentale Symbole. Das
Relief nimmt eine markante Stelle in der künstlerischen Entwicklung Giorgios ein und
ist eine der bedeutendsten bildhauerischen Schöpfungen des Meisters.
Ungefähr gleichzeitig müssen noch einige Bildhauerarbeiten von ihm in Spalato aus-
g’eführt worden sein, wenn auch hierfür die Belege fehlen. Die innere Verwandtschaft mit