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Dagobert Frey Der Dora von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini

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anzusetzen, falls man sie mit einer im Jahre 1456 abgehaltenen Sammlung für den Ausbau
des Kampanile in Zusammenhang bringen will. Sie ist mit ihren starken Pointen und ihrer
flächigen, auf Schatten Wirkung berechneten Behandlung auf Fernsicht gearbeitet.

Zara

Meister Giorgios Tätigkeit in Zara ist bezeugt durch den Notariatsakt vom 14. April
1452 (Rg. Nr. 98), in dem Arbeiten für das Franziskanerkloster erwähnt werden, die ich
jedoch nicht mehr nachweisen konnte.

Als ein Orginalwerk ist mit Sicherheit das
schöne Fenster nächst der Piazza dei Signori an-
zusprechen (Fig. 54). Es weist den reinen vene-
zianisch-gotischen Typus auf, den Eselsrücken-
bogen mit Scheitelblume und die rechteckige
Zahnschnittumrahmung. Trotzdem sind zahlreiche
Details, die eine individuelle Behandlung verraten,
so in den Zwickeln zwischen Bogen und Rahmen
der ganz leicht zurückgesetzte Kreis, der nur eine
feine Schattenlinie zieht, und die tief und weich
aus dem Stein geschnittene Muschel, die kanne-
lierten schmalen Nischen in utrierter Perspektive
mit den feingezeichneten Muscheln im Bogen.

Charakteristisch für die überlegte Durcharbeitung
bis ins kleinste Detail sind die kleinen Konsolen,
welche den venezianischen Zahnschnitt des Rah-
mens auffangen. Vor allem ist aber die prächtige
Fensterbank als ein Meisterstück Giorgios zu
bezeichnen. Die kräftig geschwungene Grundform
gehört zu den Lieblingsmotiven Giorgios. Sie
liegt den Konsolen der Sakristeistiege in Sebenico
zugrunde und findet sich am Palazzo Foscolo in
Sebenico wieder. Das Profil darüber, ein kräftiger Viertelstab mit einem abgefaßten Plättchen
darunter, ist ebenfalls sehr charakteristisch. Unverkennbar seine eigene Hand zeigen die
bewegten Putti, die einen schweren Blumenfeston tragen, dessen hängender Bogen die
straff aufstrebenden Linien der Konsole in schöner Gegenbewegung überschneidet. Dar-
über ist ein leerer Wappenschild mit flatternden Bändern aufgehängt, welche in schwachem
Relief wie ein Ornament die Konsole bedecken. Auch hier ist die leichte weiche Schwellung
der Grundfläche unter den Füßen zu beobachten.

Eine in der Komposition getreue Nachbildung findet sich in der Via S. Rocco (Fig. 55).
Die Bewegung der Putten ist schön und kräftig, aber weniger unmittelbar erfaßt. Der
Feston ist strenger stilisiert und härter gezeichnet. Es dürfte dies eine spätere Arbeit
aus der Schule des Meisters sein.

Dieser von Meister Giorgio geschaffene Typus der Fensterbank wirkt in Zara noch
lange nach und wird eine für die Stadt charakteristische Architekturform. Eine der
schönsten Variationen ist eine Fensterbank im Museum S. Donato mit prächtigen Pferde-
 
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