Dagobert Frey Der Dom von Sebenico und sein Baumeister Giorgio Orsini
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der Loggia als einer der drei Offizialen genannt. Die Beziehungen des Meisters Giorgio zu
dem Anconitaner Großkaufmann erklären sich leicht aus dem lebhaften geschäftlichen Ver-
kehr, der zwischen den beiden Städten herrschte, umsomehr als Giorgios Beteiligung
an Handelsgeschäften aller Art zahlreichen Notariatsakten zu entnehmen ist").
Dagegen ist die Angabe der Chronisten, daß die Fassade des Palazzo Benincasa ein Werk
des Meisters Giorgio ist, unhaltbar, so sehr es auch glaubwürdig erscheinen mag, daß ein
Auftrag Benincasas den Meister nach Ancona führte. Der Palast ist ein langes Gebäude
von 14 Fensterachsen, entsprechend dem Bruch der Gasse in einem sehr stumpfen ein-
springenden Winkel erbaut100). Die Fassade ist bis auf das steinerne Erdgeschoß in Back-
stein, dem landesüblichen Material, ausgeführt. Es findet sich nicht das geringste Detail,
das auf Giorgios Anteil an dem Bau hinweisen würde101).
Fig. 67 Vedute auf einem Deckengemälde im Palazzo Benincasa in Ancona
Ebenso erscheint es nicht sehr wahrscheinlich, daß Giorgio gemäß dem Berichte der
Chronisten bereits im Jahre 1450 zu längerem Aufenthalt in Ancona geweilt haben sollte, da
") Am 9. Dezember 1448 (Rg. Nr. 59I beteiligt er
sich, finanziell mit seinem Schwager Johannes Petrus für
9 Jahre an einem Spezereiwarengeschäfte des Jacobus
Nicolini; doch muß er einem Akt vom 20. November
1448 (Rg.-Nr. 58) zufolge schon vorher mit Nicolini
assoziiert gewesen sein. Weitere Privatverträge mit Nicolini
in Angelegenheit des Spezereiwarengeschäftes datieren vom
23. Juni 1451 (Rg.-Nr. 88) und 30. Juni 1455 (Rg- Nr. 106).
Ferner hat er die Vertretung des Michael de Venetiis,
Conte von Cherso (26. Februar 1450, Rg. Nr. 80) und
schließt für diesen Geschäfte in Tuch ab (18. Mai 1451,
Rg.-Nr. 85). Er verkauft selbst 104 Ellen Tuch um 271
Lire nach Zara (29. November 1449, Rg. Nr. 71), ferner
Leinwand (2. Mai 1464, Reg. 128) und Salz nach Venedig
(8. Jänner 1463, Rg. Nr. 117). Er kauft Weingärten und
besitzt mehrere Miethäuser in Sebenico, Venedig und Ancona.
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission 1913
10°) Die Agnoszierung des Palastes kann nicht zweifel-
haft sein; er ist heute noch in Ancona unter seinem ur-
sprünglichen Namen bekannt (jetzt Eigentum des Conte
Giovanelli) und wird überdies noch durch die Bezeich-
nung der Chronisten congionta con la loggia — nämlich
links von dieser — genauer bestimmt.
101) In späterer Zeit wurden die Säulen der Biforen
entfernt und rechteckige Fenster eingemauert, im 2. Stock
die auf je drei Konsolen ausladenden Fensterbänke in die
Flucht des durchlaufenden Gesimses zurückgeschoben und
schließlich im XVIII. Jh. ein drittes Stockwerk aufgebaut.
Anhaltspunkte für die Rekonstruktion des ursprünglichen
Zustandes bietet eine schematische Zeichnung aus der zweiten
Hälfte des XVIII. Jh. und ein Deckenbild im 2. Stock aus
dem Jahre 1760 mit Veduten der Stadt Ancona (Fig. 67).
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der Loggia als einer der drei Offizialen genannt. Die Beziehungen des Meisters Giorgio zu
dem Anconitaner Großkaufmann erklären sich leicht aus dem lebhaften geschäftlichen Ver-
kehr, der zwischen den beiden Städten herrschte, umsomehr als Giorgios Beteiligung
an Handelsgeschäften aller Art zahlreichen Notariatsakten zu entnehmen ist").
Dagegen ist die Angabe der Chronisten, daß die Fassade des Palazzo Benincasa ein Werk
des Meisters Giorgio ist, unhaltbar, so sehr es auch glaubwürdig erscheinen mag, daß ein
Auftrag Benincasas den Meister nach Ancona führte. Der Palast ist ein langes Gebäude
von 14 Fensterachsen, entsprechend dem Bruch der Gasse in einem sehr stumpfen ein-
springenden Winkel erbaut100). Die Fassade ist bis auf das steinerne Erdgeschoß in Back-
stein, dem landesüblichen Material, ausgeführt. Es findet sich nicht das geringste Detail,
das auf Giorgios Anteil an dem Bau hinweisen würde101).
Fig. 67 Vedute auf einem Deckengemälde im Palazzo Benincasa in Ancona
Ebenso erscheint es nicht sehr wahrscheinlich, daß Giorgio gemäß dem Berichte der
Chronisten bereits im Jahre 1450 zu längerem Aufenthalt in Ancona geweilt haben sollte, da
") Am 9. Dezember 1448 (Rg. Nr. 59I beteiligt er
sich, finanziell mit seinem Schwager Johannes Petrus für
9 Jahre an einem Spezereiwarengeschäfte des Jacobus
Nicolini; doch muß er einem Akt vom 20. November
1448 (Rg.-Nr. 58) zufolge schon vorher mit Nicolini
assoziiert gewesen sein. Weitere Privatverträge mit Nicolini
in Angelegenheit des Spezereiwarengeschäftes datieren vom
23. Juni 1451 (Rg.-Nr. 88) und 30. Juni 1455 (Rg- Nr. 106).
Ferner hat er die Vertretung des Michael de Venetiis,
Conte von Cherso (26. Februar 1450, Rg. Nr. 80) und
schließt für diesen Geschäfte in Tuch ab (18. Mai 1451,
Rg.-Nr. 85). Er verkauft selbst 104 Ellen Tuch um 271
Lire nach Zara (29. November 1449, Rg. Nr. 71), ferner
Leinwand (2. Mai 1464, Reg. 128) und Salz nach Venedig
(8. Jänner 1463, Rg. Nr. 117). Er kauft Weingärten und
besitzt mehrere Miethäuser in Sebenico, Venedig und Ancona.
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Kommission 1913
10°) Die Agnoszierung des Palastes kann nicht zweifel-
haft sein; er ist heute noch in Ancona unter seinem ur-
sprünglichen Namen bekannt (jetzt Eigentum des Conte
Giovanelli) und wird überdies noch durch die Bezeich-
nung der Chronisten congionta con la loggia — nämlich
links von dieser — genauer bestimmt.
101) In späterer Zeit wurden die Säulen der Biforen
entfernt und rechteckige Fenster eingemauert, im 2. Stock
die auf je drei Konsolen ausladenden Fensterbänke in die
Flucht des durchlaufenden Gesimses zurückgeschoben und
schließlich im XVIII. Jh. ein drittes Stockwerk aufgebaut.
Anhaltspunkte für die Rekonstruktion des ursprünglichen
Zustandes bietet eine schematische Zeichnung aus der zweiten
Hälfte des XVIII. Jh. und ein Deckenbild im 2. Stock aus
dem Jahre 1760 mit Veduten der Stadt Ancona (Fig. 67).
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