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Fig. 98 Geißelung Christi, von Meister Francke. Hamburg, Kunsthalle

der Stilstufe Franckes in einzelnen Punkten evident ist, so ist er doch in anderen weiter fort-
geschritten und daher nach der kunsthistorischen Grundregel, daß die letzte in einem Werk
erreichte Stilstufe für seine Bestimmung maßgebend ist, nach diesen über Francke hinaus-
gehenden Eigenschaften zu datieren. Die Emanzipation vom Linearen, das bei diesem noch
nachwirkt, die Vergröberung, man möchte sagen Verbürgerlichung der ganzen Darstellung,
die starke Bedeutung, die in dem Kreuzigungsbilde der Landschaft eingeräumt ist, führen
alle ein Stück weiter ins XV. Jh.; der Prozeß, der früher nicht ganz glücklich als das Ver-
drängen einer „idealistischen“ durch eine „realistische“ Kunst bezeichnet zu werden pflegte,
ist in vollem Gange, aber jenes Stadium, das prägnant, aber den historischen Vorgang
nicht voll charakterisierend, das Eindringen der niederländischen Kunst benannt wird und
gewissermaßen einen allgemein deutschen Stil in der Malerei herbeiführt, ist noch nicht
erreicht. Als Parallelerscheinungen zu dieser Zwischenstufe können die Werke des Johann
Koerbecke dienen, der in Münster zirka 1446—1456 erwähnt wird13); namentlich die aus

13) J. B. Nordhoff, Studien zur altwestfäl. Malerei II, Rheinland, Heft 87; s. auch daselbst 53 und im Reper-
in Jahrbüchern des Vereines von Altertumsfreunden im torium für Kunstwissenschaft V 307 ff.

Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentral-Kominission 1913

Hans Tietze Ein Passionszyklus im Stifte Schlägl

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