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Hans Tietze Ein Passionszyklus im Stifte Schlägl
Fig. 99 Kreuztragung, von Meister Francke. Hamburg, Kunsthalle
Langenhorst in die Gemäldesammlung des Westfälischen Kunstvereines in Münster gelangten
Tafeln (Nr. 34 und 35; s. Fig. 96 und 97) entsprechen der Schlägler Passionsfolge. Ölberg und
Geißelung, Kreuztragung und Kreuzigung sind ikonographische Varianten; besonders die
letztgenannte Darstellung ist wichtig, weil die Anordnung der stehenden Frauen — zum
Unterschied des üblichen niederländischen Schemas, in dem Maria wie bei Meister Francke
zusammengebrochen gezeigt wird — mit Schlägl übereinstimmt. Was Koerbecke über Francke
hinausführt, ist die größere Plumpheit und Derbheit, die verminderte Intensität der Schil-
derung, die Abdämpfung der farbigen Leuchtkraft; also alle jene Eigenschaften, die auch
für das vielleicht noch etwas jüngere Werk in Schlägl charakteristisch heißen dürfen. So
gelangen wir für dieses zur Bestimmung auf ein, namentlich in den kleinen Tafeln etwas
zurückgebliebenes Werk zwischen 1450 und 1460, dessen Entstehung im niederdeutschen
Kunstkreis in einem von Meister Francke abhängigen, aber auch von Westfalen beein-
flußten Gebiet zu suchen sein dürfte. Ob auf Grund dieser Indizien eine bestimmte Lokali-
sierung vorgenommen werden könne, werden bessere Kenner der fraglichen Kunstzone
mit größerer Autorität zu entscheiden wissen.
Hans Tietze Ein Passionszyklus im Stifte Schlägl
Fig. 99 Kreuztragung, von Meister Francke. Hamburg, Kunsthalle
Langenhorst in die Gemäldesammlung des Westfälischen Kunstvereines in Münster gelangten
Tafeln (Nr. 34 und 35; s. Fig. 96 und 97) entsprechen der Schlägler Passionsfolge. Ölberg und
Geißelung, Kreuztragung und Kreuzigung sind ikonographische Varianten; besonders die
letztgenannte Darstellung ist wichtig, weil die Anordnung der stehenden Frauen — zum
Unterschied des üblichen niederländischen Schemas, in dem Maria wie bei Meister Francke
zusammengebrochen gezeigt wird — mit Schlägl übereinstimmt. Was Koerbecke über Francke
hinausführt, ist die größere Plumpheit und Derbheit, die verminderte Intensität der Schil-
derung, die Abdämpfung der farbigen Leuchtkraft; also alle jene Eigenschaften, die auch
für das vielleicht noch etwas jüngere Werk in Schlägl charakteristisch heißen dürfen. So
gelangen wir für dieses zur Bestimmung auf ein, namentlich in den kleinen Tafeln etwas
zurückgebliebenes Werk zwischen 1450 und 1460, dessen Entstehung im niederdeutschen
Kunstkreis in einem von Meister Francke abhängigen, aber auch von Westfalen beein-
flußten Gebiet zu suchen sein dürfte. Ob auf Grund dieser Indizien eine bestimmte Lokali-
sierung vorgenommen werden könne, werden bessere Kenner der fraglichen Kunstzone
mit größerer Autorität zu entscheiden wissen.