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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

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Kenner, Friedrich: Römische Medaillons, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0061
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Friedrich Kenner. Römische Medaillons.

jedoch mehrere Umstände. Es ist nicht zu erwarten, dass ein Sieg in einem Bürgerkriege — und es handelte
sich damals nicht um einen auswärtigen Feind, sondern um einen römischen Legaten — in einem Münz-
bilde gefeiert worden sei. Man wird keinen zweiten Fall dafür nachweisen können. Auch ist das Bildniss
des Kaisers, welches auf unserem Medaillon, wie die Abbildung zeigt, mit überraschender Lebenswahrheit
gegeben ist, keineswegs seinen früheren Jahren entnommen, sondern deutet auf eine spätere Zeit hin. End-
lich ist sowohl die Ausstattung des Brustbildes, als auch die gesammte Rückseite nach einer älteren Vor-
lage, nach dem Medaillon des Kaisers Gordianus III. (siehe oben Nr. 108), gearbeitet, und zwar so getreu
ist der letztere copirt, dass man alle wesentlichen Züge des einen im andern wiederfindet.

Wie schon oben bemerkt wurde, ist der Medaillon des Gordianus auf die Siege seines Heeres, ins-
besondere auf die Wiedereroberung von Mesopotamien geprägt, welch' letzteres Land durch die beiden
Stromgötter Euphrates und Tigris bezeichnet wird. Ganz ähnlich lagen nun die Verhältnisse im Jahre 262.
Odenathus hatte damals in Verbindung mit den römischen Feldherren dem siegreichen Sapor sich ent-
gegengeworfen und ihn über den Euphrat vertrieben. Mesopotamien wurde von ihnen wiedererobert und
in einer Defensivschlacht der Perserkönig abermals geschlagen, worauf Kaiser Gallienus, der den Odenathus
zum Dux Orientis ernannte,1 in Rom einen Triumph über die Perser hielt.

Es war also ein ganz ähnlicher Fall unter Gallienus wieder vorgekommen, wie er unter Gordianus
zur Ausgabe des betreffenden Medaillons geführt hatte. Diesen zu copiren lag sehr nahe, wir werden
daher auch unseren Medaillon als Replik eines älteren auffassen, die beiden Stromgötter auf die Repräsen-
tanten von Mesopotamien, Euphrat und Tigris, beziehen und den Anlass für die Ausgabe dieses Medaillons
in den orientalischen Siegen vom Jahre 262 finden müssen.

Die Schlussvignette zeigt die Rückseite einer Tessera mit dem Bilde zweier Spieler, die auf Stühlen
einander gegenüber sitzen und ein Spielbrett (tabula latruncularia) auf den Knieen liegen haben, es mit
einer Hand festhaltend. Der Eine von ihnen ist im Begriffe einen Zug mit einem Spielsteine (latro) zu
machen, der Andere erhebt die Rechte. Auf der Vorderseite steht innerhalb eines Kranzes das Zahl-
zeichen VII. (Vgl. eine ähnliche Tessera bei Cohen, VI, 542, 6.)

1 A. a. O., S. 825.
 
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