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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

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Ilg, Albert: Das Spielbrett von Hans Kels
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https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0092
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Dr. Albert Ilg.

Allem Anscheine nach kamen die Kels aus der Umgebung der Stadt in dieselbe. Eine noch zu er-
wähnende Urkunde von 15 61 gedenkt eines Jörg Käls zu Waalhaupten, einem Ort bei Kaufbeuren. Kels
ist kein einheimischer Name in der Stadt, keiner der dortigen gesessenen Familien angehörig, welche
grösstentheils noch heute floriren, wie vor vier Jahrhunderten. Auch an anderen Orten jener Gegend
kommen dagegen schon im 15. Jahrhundert Landleute dieses Namens vor, so zu Aitrang bei Kauf-
beuren; eine Urkunde von 1422 gedenkt des Jäk Kels aus Tremelschwang unter den Gewährsleuten, ja
das Dorf Ketterschwang daselbst führte in älterer Zeit den Namen Kelzenwank, Kelsenwank.

Kein Kels hat das Bürgerrecht der Stadt errungen. Sonst wäre es kaum anders denkbar, als dass ihr
Name bis zum Erlöschen der Familie irgend einmal unter den Zunftmeistern, Gemeindeverwandten, Ge-
richtsverwandten oder sonstigen Ehren- und Vertrauensstellungen vorkommen würde. Aber es war für
Auswärtige unendlich schwer, in die Bürgerschaft Aufnahme zu finden. Auch dürfte die Familie eben
nicht mit Glücksgütern gesegnet gewesen sein; in einem von 1588 datirenden Verzeichnisse über Sämmt-
liche, so ein Haus, einen Hausantheil oder sonstig stehendes oder liegendes Gut besassen, begegnet der
Name gleichfalls nicht. Wir werden also nicht irregehen, wenn wir in den beiden Bildschnitzern Kels Bei-
spiele jener im bajuvarischen und alemannischen Stamme so häufig vertretenen urwüchsigen Talente des
Schnitzmessers erblicken, welche es indess über diese Begabung hinaus zu keinem allgemeineren und
praktischeren Erfolge brachten. Sie scheinen wohl in Abhängigkeit von dem Patriciat der Reichsstadt in
deren Mauern gelebt zu haben. Nach dem Ableben des Hans Kels, dessen kunstreicher Hand wird das
Spielbrett verdanken, stösst zuerst 1 5 5g eine weitere Nachricht über die Familie auf. In diesem Jahre be-
sagt ein Act des Stadtrathes am 8. December Folgendes:1

Den Kelssen Gebrüder ist von wegen der begerten Nachlass halben, bewilliget, das man für Ihr Jedes
nachsteur i6'/2 fl. von Jeder parthey nemen welle und wenigl (sie) nit, hat sich Jerg Mimmeler erbotten,
dasselbig zu erstatten.

Diese Nachsteuer wird für das Heimatsrecht oder ähnliche Vortheile erlegt worden sein, Georg
Mimmeler figurirt als eine geachtete Persönlichkeit. Unter den Gebrüdern Kels sind ohne Zweifel die Söhne
des Bildhauers zu verstehen. Eine zweite Urkunde, die aus dem zweitfolgenden Jahre datirt, macht uns
mit dem Einen von ihnen näher bekannt, indem sie ihn direct als Erben bezeichnet. Das öfters genannte
Frauenkloster zum Maierhof erwirbt nämlich i56i von Jörg Käls zu Waalhaupten, Alexander Kirning
zu Jengen und Jörg Schmid sechs Tagwerk Wiesenmahd auf dem Ried, im Krauchsee genannt, die denselben
als Erbschaft zugefallen waren, käuflich mit 17 l/2 Gulden.2

Endlich fand mein freundlicher Gewährsmann, Herr A. Rehle, sichere Nachweise über das Aussterben
des Geschlechtes in Kaufbeuren in Originalverzeichnissen von denjenigen Personen, welche 1628 an der
Pest starben, und jenen, die das darauffolgende Jahr als Ueberlebende vermerkt worden. Es starben damals
an sechshundert Einwohner, welche sämmtlich in den Listen mit Namen angeführt sind, darunter 55 Ehe-
paare und Familien, das Verzeichniss der von der Seuche verschont gebliebenen Bürger und Insassen enthält
376 Namen. Da heisst es nun in der ersten Liste: Am 2. Jäner 1628 starb Georg Kels und sein Weyb, und
in der Reihe der Lebendigen von 1629 kommt kein Kels mehr vor. Dieser Georg könnte derjenige der
Urkunde von 1561, also des Hans des jüngeren Sohn, vielleicht aber auch schon dessen Enkel sein. Weiters
bestätigt das Aussterben der Familie ein Act von i632, in welchem diejenigen vollständig genannt sind,
welche zur Miethe wohnten, somit kein stehend oder liegend Gut in der Stadt besassen, wie es den Ver-
hältnissen der Kels hätte entsprechen müssen, — auch in diesem Verzeichnisse treffen wir den Namen nicht
mehr und ebenso in mehreren Listen ähnlichen Charakters aus den späteren Zeiten.

Noch sind wir auch darüber unterrichtet, welchem Glaubensbekenntnisse die Kels zugethan waren,
denn es ist aus dem Jahre 1604, in welchem Vieles zu Gunsten der Katholiken, besonders durch kaiserlichen
Einfluss in der Stadt geschah,3 eine Aufzeichnung über alle evangelischen Bürger und Insassen erhalten,

1 Mittheilung des Herrn A. Rehle.

2 Hoeynck, 1. c, p. 64.

3 Stieve, 1. c, p. 87 fr.
 
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