Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

DOI Artikel:
Engerth, Eduard von: Über die im kunsthistorischen Museum neu zur Aufstellung gelangenden Gemälde, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0099
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ueber die im kunsthistorischen Museum neu zur Aufstellung gelangenden Gemälde.

81

Der Cyklus dieser Marienbilder beginnt links oben und schliesst rechts unten; das oberste Bild an
jedem der zwei Pfeiler und die neun Bilder der Wand geben Momente aus dem Leben Mariens, die übrigen
sechs Bilder an den Pfeilern haben Bezug auf das Leben des Heilandes.

Die eilf Marienbilder sind:

Kreuzigung zeigen, und zwar links:

1. Christus lehrt im Tempel,

2. das Wunder in Canaa,

3. Christus nimmt Abschied von seiner Mutter;

vor der Kreuzigung, während drei rechts Momente nach der

1. Mariens Vorstellung im Tempel,

2. Mariens Verkündigung,

3. die Zusammenkunft Mariens mit der heiligen Elisabeth

4. die Anbetung der Hirten,

5. die Anbetung der heiligen drei Könige,

6. die Flucht nach Egypten,

7. die Beschneidung,

8. die Reinigung Mariens,

9. der Tod der Maria,

10. die Jünger am Sarge Mariens,

11. die Himmelfahrt Märiens.

Von den sechs Christusbildern geben drei links Darstellungen

rechts:

Mittelbild.

Die Anbetung der heil, drei Könige.

4. Christus und Maria Magdalena,

5. die Ausgiessung des heiligen Geistes,

6. die Verklärung Christi.

Der krönende Bogen enthält das jüngste Gericht; in der Mitte der Heiland auf dem Regenbogen
sitzend, die Weltkugel zu seinen Füssen; zu seiner Rechten Maria, zur Linken Johannes der Täufer —
beide Fürbitter knieen und falten die Hände.

Die Friese zwischen den Bilderreihen sind mit Kindergruppen ausgefüllt, welche auf die Darstellungen
Bezug haben; der Sockel enthält reiche Festons mit Kinderengeln.

Die Technik ist die bekannte Dürer'sche Zeichenweise mit Feder oder Pinsel, braun und weiss.
Aber das Weiss dient hier nicht nur als Aufhöhung, es übernimmt auf der Lichtseite vollständig die
Aufgabe der dunkeln Linien, indem es die Contouren der Gegenstände bestimmt, ja es überwiegt an
manchen Stellen in der Masse die Zeichnung mit Braun, welches bis auf die Bestimmung der Contouren
auf der Schattenseite und auf die wichtigsten Schattenangaben zurückgedrängt wird. Diese reichliche An-
wendung der lichten Schraffirungen zum Zwecke der Begrenzung und Formgestaltung der Gegenstände
wurde bedingt durch die dunkle Färbung des Papiers und durch die Kleinheit der Formen, welche ein zu
dichtes Nebeneinanderstehen von Licht- und Schattenstrichen nicht vertragen hätten, ohne die Klarheit
und Einfachheit der Modellirung einzubüssen.

Die Figürchen sind mit ausserordentlicher Feinheit und mit Rücksicht auf den kleinen Massstab sehr
detaillirt gezeichnet und ebenso sind alle Nebendinge, z. B. die Architektur, die Ornamentik etc., mit be-
wunderungswürdiger Zartheit ausgeführt.

Es ist wohl selbstverständlich, dass die Auffindung dieses hochinteressanten Kunstwerkes das Ver-
langen nach der Erforschung seines Herkommens anregen musste. Aber erst nach längerem Suchen ist es
gelungen, den Verbleib der Zeichnung bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. Es erscheint
zum ersten Male im Inventar der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm in Brüssel vom Jahre 1659
im «Vertzaichnusz der Zaichnungen vnd Handtrüsz» Nr. 178: «Ein mitter Stückhel, warin das Leben vnser

11
 
Annotationen