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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 3.1885

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Engerth, Eduard von: Über die im kunsthistorischen Museum neu zur Aufstellung gelangenden Gemälde, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5882#0103
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Eduard Ritter von Engerth.

ebenfalls in Schwarz, mit grossen weissen Kopftüchern. Neben diesen Stiftern ihre Wappen; zwischen
ihnen drei musicirende Engel. Rechts in den Wolken steht ein falsches Dürerzeichen, mit der Jahres-
zahl 1514; links unter der Maria das echte Monogramm Kulmbachs:

Das Bild ist auf Holz gemalt, 122 Ctm. hoch, 82 Ctm. breit und enthält zehn Figuren, 68 Ctm. gross.
Es stammt aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm. Inventar vom Jahre 165g, Nr. 55o: «Ein
Stuckh von Ohlfarb auf Holcz, warin die Himmelfahrth vnser lieben Frawen, so von Gott Vatter vnndt
von Gott Sohn gecrönt wirdt. In einer schwartz glatten Ramen, hoch 6 Span 8 Finger vnndt 4 Span
9 Finger braith. Original von Albrecht Dürer.»

Das falsche Dürerzeichen hat ohne Zweifel den Inventarsverfasser dazu veranlasst, Dürer als Autor
anzunehmen. Der Fälscher hatte die Geschmacklosigkeit, dieses Monogramm über dem nach oben zeigenden
Finger eines der Engel anzubringen, um Glauben zu machen, der Engel sei von Dürer selbst eigens als
Hinweiser auf seinen Namen componirt worden. Das im Schatten von Marias Mantel, auf der Wolke, gross
und deutlich angebrachte echte Monogramm Hans von Kulmbachs überstrich er mit der Wolkenfarbe.
Aber die alles an den Tag bringende Zeit enthüllte endlich den unwiderleglichen Verräther seiner Missethat
auch für alle Jene, welche die Unmöglichkeit der Autorschaft Dürers nicht sofort aus dem Bilde selbst
erkannt haben sollten, denn die fette dunkle Farbe, mit welcher Kulmbach sein Zeichen hinmalte, wuchs
durch die leichte Decke durch. Jetzt sieht man beides, den nachgedunkelten Fleck der grauen Wolken-
farbe und das satt geschriebene echte Monogramm des wahren Meisters.

Die Anordnung der Darstellung erinnert an die Composition des Höller'schen Altars von Dürer,
so wie auch das ganze Bild in reichlichem Masse den Einfluss des grossen Meisters zeigt. Die Köpfe sind
unschön, aber die Gewänder sind geschmackvoll angeordnet und verständig durchgebildet. Das Bild kann
jedenfalls als ein willkommener Beitrag zu den vorhandenen Werken aus Dürers Schule angesehen werden.

Ein Kunstwerk ersten Ranges gewinnt die neue Aufstellung in dem Bilde:

Das Paradies

von

Lucas Cranach d. Ä.

Kaiser Rudolph II. in Prag hat ohne Zweifel neben Pieter Brueghel auch Lucas Cranach besonders
bevorzugt, denn es befindet sich im kaiserlichen Besitze noch jetzt eine ansehnliche Zahl der Bilder des
Letzteren, deren Provenienz fast ausschliesslich auf die Prager «Kunst- und Wunderkammer» zurück-
zuführen ist. Eines der feinsten Werke des Meisters enthielt diese Sammlung in dem oben genannten
Paradies, welches aus der besten Zeit des Künstlers, dem Jahre i53o stammt. Das Bild ist auf Holz ge-
malt, 82 Ctm. hoch, 114 Ctm. breit, die Hauptfiguren messen 35 Ctm.

Die Composition ist von grossem Reichthum; der Sündenfall ist in sechs Momenten erzählt, von
welchen das Verbot des Fruchtgenusses als Hauptgegenstand die Mitte des Bildes einnimmt. Gott Vater
in dunkelblauem Kleide und rothem Mantel steht vor Adam und Eva, zu welchen er eindringlich spricht.
 
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