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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 9.1889

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Kenner, Friedrich: Römische Medaillons, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5731#0217
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Römische Medaillons.

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Raubes der Sabinerinnen zu finden, andererseits zeigt sich das gleiche bald in der That auf wirklichen
Contorniaten, verbunden mit den Bildnissen Alexanders des Grossen,1 der Agrippina,2 des Nero3 und
Trajan.4 Ja, es ist auf diesen Contorniaten und auf den oben genannten Medaillons völlig gleich und mit
Benützung eines älteren Stempels hergestellt, der nicht zur Zeit des Constantius IL, sondern viel früher,
wie ich vermuthe im zweiten Jahrhundert, unter der Regierung des Kaisers Antoninus Pius, gearbeitet ist.

Bekanntlich gab Letzterer eine Reihe von Münzen aus, die sich durch interessante Bilder aus der
ältesten Geschichte Roms auszeichnen. Sie begegnen auf Gold- und Silberstücken, sowie im Kupfercourant,
vorzüglich aber auf Bronzemedaillons, von welchen einige auch bezüglich der äusseren Ausstattung für
uns wichtig sind. Auf einem derselben sehen wir die Heldenthat des Horatius Codes auf der Pfahlbrücke,5
auf einer anderen den Augur Navius, welcher in Gegenwart des Tarquinius Priscus den Stein mit dem
Scheermesser durchschneidet,0 auf einem dritten die Ankunft des Aesculap in Gestalt einer Schlange auf der
Tiberinsel. 7 Die hier genannten Medaillons sind von derselben Grösse wie unserer und charakterisiren
sich dadurch, dass sie auf der Rückseite in wenigen, meist in einzelnen, im Segment oder auch am Rande
stehenden Worten das Thema des Münzbildes bezeichnen, so z. B.: COCLES, NAVIVS, AESCVLAPIVS;
ebenso steht auf unserem Medaillon im Segment nur das Wort: SABINAE.

Da jene Gepräge zur Zeit des dritten Consulates des Antoninus Pius auftauchen, das ist zwischen 140
und 143, also zu einer Zeit, in welche auch der Tod der Kaiserin Faustina (141) fiel, erklärt sich, dass
auf Medaillons, die ihrem Andenken gewidmet wurden, ähnliche Bilder aus der Vorgeschichte Roms ihren
Platz gefunden haben und zwar bezeichnender Weise solche, in denen Frauen und weibliche Gottheiten
die wichtigere Stelle einnehmen, so die Darstellung der Vesta mit VESTA im Segment,8 ferner des Mars
und der Rhea Silvia/-* der Vestalin Claudia, welche das Schiff mit der Bildsäule der Cybele ans Land zieht,10
(beide letztere ohne Aufschriften), oder endlich die Scene des Kampfes zwisenen Römern und Sabinern,
in welchem die vordem geraubten Sabinerinnen mit ihren Kindern die Kämpfenden zu trennen suchen
(Pariser Cabinet). Ueber die Aufschrift im Segment des letztgenannten Medaillons wird, da sie fast un-
leserlich ist, gestritten. Mionnet las TR POT, Herpin und nach ihm Cohen" AETERNIT, während
Froehner12 sicher zu sein glaubt, dass SABINAE zu lesen sei. Soweit nach der Abbildung geurtheilt werden
kann, scheint Froehner im Rechte zu sein. Wenngleich, wie Cohe*n bemerkt, die Aufschrift Aeternitas
auf den Geprägen der Diva Faustina sehr häufig vorkommt, so finden sich damit doch nur Darstellungen
verbunden, die eine bestimmte Beziehung auf die Kaiserin haben: weibliche Gottheiten in Einzelfiguren,
die als Ceres, Terra, Cybele, Aeternitas (Letztere am häufigsten) bezeichnet werden, aber wahrscheinlicher,
weil der Symbolik jener Zeit mehr entsprechend, als Einzelfiguren der Faustina selbst mit den Symbolen
der Aeternitas, der Ceres, der Terra, der Cybele zu bezeichnen sein dürften. Auch die übrigen Münzbilder
mit der Aufschrift Aeternitas beziehen sich auf die Vergötterung der Kaiserin und auf den ihr errichteten
Tempel, enthalten also durchaus nur persönliche Anspielungen. Die Kampfscene zwischen Römern und
Sabinern hingegen hat mit Faustina selbst gar nichts zu thun, sie gehört unzweifelhaft nicht zu den
Aeternitas-Münzen, sondern zur Gruppe der oben genannten Medaillons, die sich auf die Vorgeschichte
Roms beziehen und, wie wir gesehen haben, auch mit dem Brustbild der Diva Faustina vorkommen. Aus
diesem Grunde scheint mir die Lesung Cohen's weit weniger wahrscheinlich als jene Froehner's, welche

1 Eckhel, DNV, VIII, 287. — Cohen, 1. Aufl., VI, 552, Nr. 21.

2 Sabatier, p. 97.

3 Co hen a. a. O., p. 562, Nr. 24.

4 Cohen a. a. O., p. 573, Nr. 39.

5 Cohen, 2. Aufl., II, 283, 127. — Froehner, p. 60.
ß Cohen a. a. O., p. 326, 567. — Froehner, p. 60.

7 Cohen a. a. O., p. 271, Nr. 17, 18. — Froehner, p. 53.

8 Cohen, 2. Aufl., II, 436, Nr. 292. — Froehner, p. 75.

9 Cohen, Nr. 295.

10 Cohen, Nr. 307. — Froehner, p. 78.
" A. a. O., p. 418, Nr. 60 und Note 1.

>2 Les Medaillons etc., p. 78, Note 1, die Abbildung auf p. 79 (Mitte).

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