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Albert Ilg.
den Künstler bereits in auswärtigem Dienst. Es hat den Anschein, dass er in seiner Jugendzeit, etwa bis
zum 3o. Jahre, in der Vaterstadt thätig gewesen ist, wo wir einige Bilder von seiner Hand finden, wo später
aber seines Verweilens auch noch öfters gewesen sein dürfte. In der Carmeliterkirche in Bergamo befindet
sich noch eine Geburt Christi von Terzio.1 Auch Mailand besitzt zwei Bilder in dem Sanctuarium von
S. Simpliciano, grosse Gemälde, Christus und die Apostel vorstellend, von welchen Lomazzo sagt, dass
sie disegnate alquanto seccamente, ma colorite con vigore wären.2 Lanzi bemerkt, dass der Meister in
mehreren Haupstädten Italiens durch seine Arbeiten, welche er dort hinterlassen habe, bekannt sei. Mai-
land wurde diesbezüglich schon erwähnt, wir werden aber sehen, dass Terzio noch 1564 daselbst um eine
Arbeit competirt, ferner wird auch Venedig genannt. Hier hätte er im Saal des scrutinio des Dogenpalastes
Verschiedenes ausgeführt. Es ist aber nicht möglich, dieser Nachricht bestimmter beizukommen. Boschini
zählt sämmtliche Malereien dieses Raumes sehr genau auf, es findet sich aber nichts darunter, was auf Terzio
bezogen werden könnte.3 Unserem Künstler schreibt Girolamo de' Bardi die Arbeit zu, nach Anderen
wäre Tizian der Urheber. Es ist das Bild der siegreichen Schlacht des Giovanni und Raniero Polani gegen
den König Roger von Sicilien.+
Man kann die Geschichte des italienischen Aufenthalts unseres Meisters von seinem übrigen Leben
eigentlich nicht füglich trennen, denn er war ziemlich beweglicher Natur und wechselte den Ort so
häufig, dass wir ihn auch während seiner Dienstzeit an dem österreichischen Hofe ziemlich oft wieder in
italienischen Städten finden. Was sein Verweilen in solchen betrifft, so haben unsere deutschen Bücher,
welche von Terzio handeln, die höchst werthvollen Nachrichten eines italienischen Werkes des vorigen
Jahrhunderts nicht genügend gewürdigt, welches alle Beachtung verdient. Es ist: Vite de' pittori, scultori,
architetti Bergamaschi, scritte dal conte cav. Franc. Maria Tassi, Bergamo 1793, 2 Bde. Der Verfasser
folgt übrigens grösstentheils den Angaben des Padre Calvi in dessen Seena litteraria degli scrittori Berga-
maschi. Ihm zufolge studirte Terzio zuerst die umane lettere, übte sich aber zugleich in seiner Kunst.
Ein Lehrer wird nicht genannt. In der Vaterstadt befinden sich von ihm noch bei S. Francesco eine Ver-
kündigung und eine Geburt des Heilandes, sowie einige kleinere Gemälde. Auch malte er schon in
Bergamo Orgelflügel mit Heiligen in S. Spirito. Irrthümlich lässt ihn Tassi nun nach Deutschland zu
Maximilian II. gehen, der ihn hoch ehrte und zum Hofmaler machte. In Wahrheit traf der Künstler
schon in der Regierungszeit Ferdinands I. ein und wurde Hofmaler von dessen Sohne, Erzherzog Ferdinand,
erst später kam er auch zu des Letzteren Bruder in Beziehungen. Ebenso irrig lässt er ihn dann aus den
Diensten Maximilians in jene Erzherzog Ferdinands übergehen. Nun soll er in Böhmen, wo er in Prag zu
wohnen pflegte, in Oesterreich, Kärnten und Krain an vielen Orten gemalt haben, nähere Nachrichten fehlen
Tassi, wie er bemerkt, leider aber auch uns. Die imagines sind ihm jedoch bekannt.
Von grossem Interesse sind Tassi's Nachrichten über den Verkehr Terzi's mit bedeutenden Persön-
lichkeiten seines Vaterlandes. Mit Doni und Aretino unterhielt er eine Correspondenz. Ein solcher Brief
ist in Mailand geschrieben, wo sich, wie wir hören werden, der Meister öfters von Zeit zu Zeit aufhielt.
Tassi berichtet auch, dass die beiden von ihm für S. Simpliciano daselbst gemalten Bilder mit seinem
Namen bezeichnet und in den Jahren 1541 und 1581 entstanden seien. Jenes Schreiben an Aretino gibt
Tassi im Wortlaut sammt dessen Erwiderung.5 Terzio fliesst über von Ergebenheitsversicherungen an
den einflussreichen Schriftsteller, die er in sehr gewandter Weise ausdrückt. E del favore dell' Aretino,
che 1' opre di Tiziano sono in quella riputazione. Dazu schickt er ihm das Porträt einer jungen Dame.
Auf diesen Brief vom 11. Juli 1 5 51 antwortet Aretino aus Venedig im August. Er ergeht sich ebenfalls in
grossen Höflichkeiten, erzählt, dass Tizian das Bild gelobt habe e la estolle non altrimenti, che uscisse
dallo stilo del Figliulo.
1 Dlabacz, Böhm.-Mähr. K. L., III. col. 255.
2 Lanzi, Ausgabe 1809, III. p. 137. — Fuessly, Nachtrag III. p. 1840. — Nagler, 1. c, p. 255.
3 Le rieche minere della pittura Veneziana. Venezia 1674, Sestier di S. Marco, p. 41—48. — Dlabacz, 1. c. — Nagler, 1. c.
4 Crowe und Cavelcaselle schweigen in ihrem Leben Tizian's gänzlich über den Gegenstand.
5 I. p. 176 f. — Es ist auch gedruckt im zweiten Buch der von Fr. Marcolini in Venedig edirten Correspondenz Aretin's,
p. 447, bei Bottari, Raccolta di lettere etc. Milano, 1822, III. p. 125. — Auch Barbiellini ist das Schreiben bekannt.
Albert Ilg.
den Künstler bereits in auswärtigem Dienst. Es hat den Anschein, dass er in seiner Jugendzeit, etwa bis
zum 3o. Jahre, in der Vaterstadt thätig gewesen ist, wo wir einige Bilder von seiner Hand finden, wo später
aber seines Verweilens auch noch öfters gewesen sein dürfte. In der Carmeliterkirche in Bergamo befindet
sich noch eine Geburt Christi von Terzio.1 Auch Mailand besitzt zwei Bilder in dem Sanctuarium von
S. Simpliciano, grosse Gemälde, Christus und die Apostel vorstellend, von welchen Lomazzo sagt, dass
sie disegnate alquanto seccamente, ma colorite con vigore wären.2 Lanzi bemerkt, dass der Meister in
mehreren Haupstädten Italiens durch seine Arbeiten, welche er dort hinterlassen habe, bekannt sei. Mai-
land wurde diesbezüglich schon erwähnt, wir werden aber sehen, dass Terzio noch 1564 daselbst um eine
Arbeit competirt, ferner wird auch Venedig genannt. Hier hätte er im Saal des scrutinio des Dogenpalastes
Verschiedenes ausgeführt. Es ist aber nicht möglich, dieser Nachricht bestimmter beizukommen. Boschini
zählt sämmtliche Malereien dieses Raumes sehr genau auf, es findet sich aber nichts darunter, was auf Terzio
bezogen werden könnte.3 Unserem Künstler schreibt Girolamo de' Bardi die Arbeit zu, nach Anderen
wäre Tizian der Urheber. Es ist das Bild der siegreichen Schlacht des Giovanni und Raniero Polani gegen
den König Roger von Sicilien.+
Man kann die Geschichte des italienischen Aufenthalts unseres Meisters von seinem übrigen Leben
eigentlich nicht füglich trennen, denn er war ziemlich beweglicher Natur und wechselte den Ort so
häufig, dass wir ihn auch während seiner Dienstzeit an dem österreichischen Hofe ziemlich oft wieder in
italienischen Städten finden. Was sein Verweilen in solchen betrifft, so haben unsere deutschen Bücher,
welche von Terzio handeln, die höchst werthvollen Nachrichten eines italienischen Werkes des vorigen
Jahrhunderts nicht genügend gewürdigt, welches alle Beachtung verdient. Es ist: Vite de' pittori, scultori,
architetti Bergamaschi, scritte dal conte cav. Franc. Maria Tassi, Bergamo 1793, 2 Bde. Der Verfasser
folgt übrigens grösstentheils den Angaben des Padre Calvi in dessen Seena litteraria degli scrittori Berga-
maschi. Ihm zufolge studirte Terzio zuerst die umane lettere, übte sich aber zugleich in seiner Kunst.
Ein Lehrer wird nicht genannt. In der Vaterstadt befinden sich von ihm noch bei S. Francesco eine Ver-
kündigung und eine Geburt des Heilandes, sowie einige kleinere Gemälde. Auch malte er schon in
Bergamo Orgelflügel mit Heiligen in S. Spirito. Irrthümlich lässt ihn Tassi nun nach Deutschland zu
Maximilian II. gehen, der ihn hoch ehrte und zum Hofmaler machte. In Wahrheit traf der Künstler
schon in der Regierungszeit Ferdinands I. ein und wurde Hofmaler von dessen Sohne, Erzherzog Ferdinand,
erst später kam er auch zu des Letzteren Bruder in Beziehungen. Ebenso irrig lässt er ihn dann aus den
Diensten Maximilians in jene Erzherzog Ferdinands übergehen. Nun soll er in Böhmen, wo er in Prag zu
wohnen pflegte, in Oesterreich, Kärnten und Krain an vielen Orten gemalt haben, nähere Nachrichten fehlen
Tassi, wie er bemerkt, leider aber auch uns. Die imagines sind ihm jedoch bekannt.
Von grossem Interesse sind Tassi's Nachrichten über den Verkehr Terzi's mit bedeutenden Persön-
lichkeiten seines Vaterlandes. Mit Doni und Aretino unterhielt er eine Correspondenz. Ein solcher Brief
ist in Mailand geschrieben, wo sich, wie wir hören werden, der Meister öfters von Zeit zu Zeit aufhielt.
Tassi berichtet auch, dass die beiden von ihm für S. Simpliciano daselbst gemalten Bilder mit seinem
Namen bezeichnet und in den Jahren 1541 und 1581 entstanden seien. Jenes Schreiben an Aretino gibt
Tassi im Wortlaut sammt dessen Erwiderung.5 Terzio fliesst über von Ergebenheitsversicherungen an
den einflussreichen Schriftsteller, die er in sehr gewandter Weise ausdrückt. E del favore dell' Aretino,
che 1' opre di Tiziano sono in quella riputazione. Dazu schickt er ihm das Porträt einer jungen Dame.
Auf diesen Brief vom 11. Juli 1 5 51 antwortet Aretino aus Venedig im August. Er ergeht sich ebenfalls in
grossen Höflichkeiten, erzählt, dass Tizian das Bild gelobt habe e la estolle non altrimenti, che uscisse
dallo stilo del Figliulo.
1 Dlabacz, Böhm.-Mähr. K. L., III. col. 255.
2 Lanzi, Ausgabe 1809, III. p. 137. — Fuessly, Nachtrag III. p. 1840. — Nagler, 1. c, p. 255.
3 Le rieche minere della pittura Veneziana. Venezia 1674, Sestier di S. Marco, p. 41—48. — Dlabacz, 1. c. — Nagler, 1. c.
4 Crowe und Cavelcaselle schweigen in ihrem Leben Tizian's gänzlich über den Gegenstand.
5 I. p. 176 f. — Es ist auch gedruckt im zweiten Buch der von Fr. Marcolini in Venedig edirten Correspondenz Aretin's,
p. 447, bei Bottari, Raccolta di lettere etc. Milano, 1822, III. p. 125. — Auch Barbiellini ist das Schreiben bekannt.