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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Benndorf, Otto: Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0032
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Das Heroon von Gjulbaschi -Trysa.

War der Kampf der Sieben gegen Theben wenigstens in seinen wichtigsten Elementen aus früheren
Kunstwerken bekannt, so ist der soeben beschriebene nicht nur als Ganzes sondern auch formell in allen
seinen Theilen neu. Ein Versuch, von dieser Bereicherung ungefähre Rechenschaft zu geben, den der
vorläufige Bericht zu einer Zeit unternehmen musste, als die Originale, die sich an ihrer Stelle im Baue
einer verlässlichen Betrachtung entzogen, noch nicht wieder zugänglich waren, hatte der Aulgabe nicht
gerecht werden können und bedarf jetzt, wo die Darstellung in durchgeprüften Aufnahmen übersichtlich
vorliegt, keiner ausdrücklichen Berichtigung. Unbestreitbar handelt es sich um einen Landungskampl.
Die Schiffe einer Kriegsflotte sind an das Ufer gefahren, ihre Truppen haben sie verlassen und sind in
Feindesland auf Widerstand gestossen. Aus dem Widerstand ist eine Schlacht geworden, die eben erst
entbrennt, nach beiden Seiten sich ausbreitet und von beiden Seiten frische Nahrung erhält. Die Ein-
gedrungenen sind Griechen und ihre Gegner in Tracht und Bewaffnung von ihnen nicht unterschieden;
nur eine grössere Zahl von Bogenschützen und Steinschleuderern fällt auf Seiten der letzteren auf. In
der Mitte, wo die Krieger reihenweise aufeinanderstossen, ist Alles noch im Beginne; gegen die Küste
hin, wo der Kampf sich hartnäckiger entwickelt, fehlt es nicht an Verwundeten und Unterliegenden;
aber ein einziger erst ist todt und dieser wird mit höchsten Ehren in seinem Schilde dem Schiffslager
zugetragen. Ihn zu rächen stürzt von dort neue Mannschaft vor und auf der entgegengesetzten Seite
des Bildes, wo ein greiser König, umgeben von seinen Getreuen, als Landesherrscher thront und wie
Xerxes bei Salamis der Schlacht zuschaut, legen die ihm Nächststehenden ihre letzte Rüstung an, um
gleichfalls nachzurücken. Eine besondere Truppe aber, eine Art Leibwache, liegt hier kampfbereit im
Hinterhalte, um im Falle der Noth hervorzubrechen und den König zu schützen.

Mit Ausnahme der beiden Darstellungen des Gelages und der Jagd, welche das Andenken und den
Stand des Grabstifters in besonderer eigener Weise ehren, sind die übrigen Friese, wie die bisherige
Erörterung gezeigt hat, sämmtlich der Heroensage entlehnt. Es ist also eine natürliche Erwartung,
dass auch der letzte Rest des Ganzen Heroensage enthalte, und wenn man ihn unbefangen auf seine
künstlerische Idee prüft, was läge näher als die Landungsschlacht des trojanischen Krieges. Zuerst hat
Robert von Schneider diese Erklärung ausgesprochen. Als bedeutsam war ihm namentlich der mit sicht-
licher Auszeichnung hervorgehobene einzige Todte der Schlacht erschienen; er hatte sich dadurch an
den Heldentod des Protesilaos erinnert gesehen und folgerichtig in dem thronenden greisen Könige
Priamos, in dem vor Priamos sich rüstenden Manne Hektor vermuthet. In den grossen Zusammenhang
der Kunst des epischen Cyclus gedacht, empfahlen sich diese feinsinnigen Annahmen in hohem Grade
und in näherer Untersuchung haben sie sich mir nicht nur als wahrscheinlich bestätigt und mit Wahr-
scheinlichkeit erweitert sondern mit Hilfe eines bisher unbenutzt gebliebenen Zuges der Ueberlieferung
zur Gewissheit erhoben. Wie in dem oberen Friese für die Thebais steht hier ein Gewinn lür die
Kyprien in Frage.

In dem dichterischen Baue der Kyprien, der sich nach den Umrissen des Proklos mit zunehmen-
der Deutlichkeit im Widerscheine der Denkmäler aufhellt, bildete die nach langen Vorbereitungen,
Hemmnissen und Irrfahrten endlich erreichte Landung des Griechenheeres in Troas einen Höhepunkt
der Handlung, der durch einen ersten Ausbruch von Achills Eigenart gesteigerte Bedeutung erhielt.

Proklos sagt von der Landungsschlacht: exeixa ä-oßaivovxa; ei; "lXiov sTpfeuatv oi Tpäte; y.ai Öv/jcy.ci [Ipw-
■tea(Xao; ü(p' Ewtopo; ■ e-stTa 'AjrtXXsu; kütouc xpexstai iveXfov Kuxvov tbv [IoaetSwvo; *at tobe, vexpob; dtvaipoövcai. Da es
dem Geiste der homerischen Poesie entgegen wäre, dass die Griechen in Nachtheil gerathen, wenn Achill
mit ihnen ist, so sind diese Worte dahin zu deuten, dass Achill nicht sofort am Kampfe theilnahm
sondern in denselben erst eintrat und dem Heere Sieg brachte, nachdem Bedrängniss entstanden und
der edle Nachbar seiner thessalischen Heimat, Protesilaos, welcher trotz des Tod verkündenden Orakels
das Land zuerst betreten hatte, durch Hektor gefallen war. Als Ursache dieses Verhaltens ergibt sich,
was im Auszuge des Proklos unmittelbar vorhergeht: xat'A^iXAeb; Dorspoi; •/."/.r/Uic StaipspeTai Kpbs'AY«i*eixvova:
das Zerwürfniss des Achill mit Agamemnon, das auf der letzten Station vor Troja, in Tenedos, bei dem
von Agamemnon veranstalteten wüsten Mahle, von dem Philoktet, der Freund und Nachbar Achills,
Verstössen wurde, sicherlich nicht ohne Zusammenhang mit diesem Vorfalle ausbrach und sich auch bei
 
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