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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Benndorf, Otto: Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0071
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Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa.

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Gliederung und Tiefe gewonnen. Das ornamentartige Einerlei des Todtengelages ist möglichst aufgelöst
und durch wechselnde, liebevoll beobachtete Einzelzüge, von denen der Stich der Monumenti keinen
genügenden Begriff gibt,1 etwas gefälliger geworden. Auch in den tektonischen Formen spiegelt sich
das zeitliche Verhältniss. Wer die in Fig. 14 und 15 zusammengestellten Proben des Eierstabes
vom Heroon und vom Nereidenmonumente aufmerksam verfolgt, wird in dem ersteren an der stren-
geren Zeichnung und grösseren Länge der Blätter, die sich ja im Laufe der Zeit ständig in dem glei-
chen Verhältniss verbreitern, wie sich die Glieder der Astragalenschnur verschmälern, besonders aber
an der sehr bescheidenen Profilirung das höhere Alter auf den ersten Blick wahrnehmen. Neuere Unter-
suchungen haben erwiesen, dass das Heroon von Xanthos älter ist, als man früher annahm, und noch
aus dem fünften Jahrhundert datirt.2 Der Abstand beider Denkmäler ist gewiss auf einige Jahrzehnte
zu schätzen. Man gelangt also auch auf diesem Wege für Gjölbaschi zu dem nämlichen Ergebniss.

Die beiden Sculpturbänder, welche den Unterbau des Nereidenmonumentes umzogen, waren
durch einen beträchtlichen Zwischenraum von einander geschieden. Unmittelbar zusammenhangende
monumentale Friespaare wie in Gjölbaschi kommen im Bereiche der Antike, so weit uns dasselbe bis
heute erschlossen vorliegt, anderwärts nicht vor. Sie bilden hier eine Anomalie, die jedoch vor einem
kunstgeschichtlichen Rückblicke verschwindet. Zurückgedacht an ihren kleinasiatischen Standort
erweisen sie sich als Abkömmlinge der alten allgemeinen Decorationsweise des Orients. Diese in letzter

1 Ich hebe aus dem Material, das sich mir bei einem eingehenden Studium des ganzen Monuments im Jahre 1880
ergab, die wichtigeren Bemerkungen heraus, welche das Todtengelage betreffen. Rechts von Fig. 43 der Zählung von Michaelis
ist eine Stossfuge. Fig. 44 hält in der Rechten ein Gefäss, vermuthlich eine kleine Oinochoe. Die Hauptperson 47 ist eine schwere
beleibte Gestalt mit einem in senkrechten stilisirten Locken lang herabfallenden Barte und einem stephanosartigen breiten
Kopf bände; sein linkes Knie ist im Gewände zu sehen; das Rhyton, welches er in der Rechten erhebt, endet in einen
geflügelten Steinbock, also dem grossen silbernen Trinkhorne des fünften Jahrhunderts sicherlich ionischer Fabrik ent-
sprechend, welches 1876 in der Krim zu Tage gefördert worden ist (Stephani, Compte-rendu 1877, S. 15, pl. 1, 5). Fig. 48 hat
die linke Hand im Gewände und stützt die rechte Hand ausdrucksvoll des Vorbeugens wegen auf das Knie. Neben 48
Stossfuge. 49 hat den linken Fuss im Laufe hoch erhoben ohne den Boden zu berühren. Ueber 50 vergl. oben S. 51, Anm. 5.
Auf der Brust von 51 der Rest eines erhobenen Trinkhorns. 53 hält in der linken Hand Nichts, 58 eine Schale (der rechte
Arm des Letzteren hangt über das Bett lose herab, die Hand sichtbar), desgleichen 60 und 62. Der Kopf des Mundschenks
war vielleicht einer Reparatur wegen sorgfältig herausgemeisselt; in der gesenkten Rechten hält er ein Rhyton mit Thier-
kopf. 63 hat ein undeutliches Gefäss in der erhobenen Rechten. 64 trägt im linken Arme ein gefülltes Trinkhorn, das in
einen Pegasos ausläuft. 65 fasst sich den Bart an. 67 ist ein schmerbauchiger Herr mit feisten Beinen. 68 hält ein Trinkhorn
erhoben. Von 69 ist der ganze linke Arm sichtbar. 70 ist gleichfalls dickbäuchig. Rechts von 73, wo noch ein Stück
verstossenes Relief vorliegt, ist die Stossfuge erhalten, scheinbar auch links von 74.

2 Die richtigere Datirung des Nereidenmonumentes zuerst ausgesprochen zu haben ist ein Verdienst von Furt-
wängler, Archäologische Zeitung 1882, S. 359 f. und mit Recht haben sich ihm angeschlossen: Murray, History of
greek sculpture II, S. 216; Wolters in Friederichs Bausteinen, S. 315; L. von Sybel, Weltgeschichte der Kunst, S. 204 f.;
Lucy M. Mitchell, History of ancient sculpture, S. 408. Vergl. Puchstein, Das ionische Capitell, S. 27.

182. Figur eines glockenförmigen Kraters im Museo Gregoriano.
 
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