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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Schneider, Robert von: Antike Bronzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0087
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Antike Bronzen.

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Gestalt dieser letzteren einem jüngst geführten Nachweise zufolge einer Statue des Alkamenes nach-
gebildet ist,1 so darf auch in der Athenens die Copie eines Tempelbildes vermuthet werden, das, ungefähr
zu gleicher Zeit entstanden, wie jenes andere seinen Ursprung in dem Kreise des Phidias genommen hat.

Der Statue in Villa Albani, früher als »Saffo« bekannt, hat die Auffindung des berühmten eleu-
sinischen Reliefs2 im Jahre 1859 zu ihrem wahren Namen verholten.3 Ihre Verwandtschaft mit der auf
letzterem rechts stehenden Göttin ist sofort einleuchtend, wenn sie sich auch nur auf das Gewand be-
schränkt und deshalb in ganz demselben Masse die bisher seltsamerweise so wenig beachtete capitolinische
Replik betrifft. Doch unterstützt auch seinerseits die Deutung der Statue auf Demeter der vom Rumpfe
niemals getrennte Kopf, so sehr er auch von dem jener Figur abweicht. In gleichem Kleide ist die
Göttin auf einem Votivsteine aus dem Piräus^ zu sehen. Sie trägt diesmal ein Diadem über der Stirne,
hält in beiden Händen wie unsere Bronze Fackeln, wechselt der ihr entsprechenden Gestalt auf dem
eleusinischen Reliefe gegenüber das Standbein und ist in der
Ansicht von vorne dargestellt; doch wiederholen sich an ihr
alle wesentlichen Züge in der Drapirung und weisen somit auf
den Einfluss eines gemeinsamen Vorbildes zurück. Bedürfte es
noch eines weiteren Beleges für dessen attische Herkunft5, so
könnte hiefür ein auf der Akropolis von Athen gefundenes
Bruchstück6 dienen, das allerdings sehr bestossen und nur bis
etwa zu den halben Oberschenkeln erhalten in »feiner zier-
licher Arbeit« dieselbe Behandlung des dünnen Chitons, den-
selben Wurf des Himations zeigt. Der Saum des letzteren
weist die attischen Werken des fünften Jahrhunderts eigen-
tümliche Sahlkante auf. Aehnlich wie an der sogenannten
Pallas Giustiniani fasst die linke Hand den von der Schulter
herabfallenden Theil des Mantels. Ob der Torso einer De-
meter oder einer Kora oder einer Athena oder irgend einer
anderen Göttin angehört hat, ist nach dem Gewandmotive
allein um so weniger zu bestimmen, als dasselbe offenbar für
mehr als eine Aufgabe verwendet wurde.

So werden wir auf verschiedenen Wegen nach Attika
gewiesen. Verglichen mit den aufgezählten Denkmälern steht
unsere Bronze der Figur des eleusinischen Reliefes, der ältesten
und künstlerisch weitaus bedeutendsten der ganzen Reihe, am nächsten. Beide legen die Last des Kör-
pers auf das rechte Bein und, wie ungleich auch das Haar an ihnen angeordnet ist, so haben sie doch
die über die Stirne gestrichenen wellenförmigen Scheitel und den hochgestellten Knoten über dem

' Petersen in den Mitth. des deutschen arch. Inst., röm. Abth., Bd. IV, S. 65 f.

2 Jetzt auch abgebildet in Brunn-Bruckmann, Denkmäler griechischer und römischer Sculptur, Taf. 7. Der S. 72
(Fig. 1) gegebenen Skizze liegt die nicht durchaus genaue Abbildung in Overbeck's Kunstmythologie, Atlas Taf. XIV 8 zu
Grunde, doch kam es in ihr nur auf die Wiedergabe des Gewandmotives im Grossen und Ganzen an.

3 Brunn im Bullettino doli' Istituto 1860, pag. 69.

4 Fig. 5. Siehe S. 74, Anm. 2.

5 Man vergleiche auch die Priesterin der Athena Polias vom Parthenonfries, Michaelis, der Parthenon, Taf. XIV, 33.

6 Heydemann, antike Marmorbildwerke zu Athen, 649. Herr Hofrath Prof. Benndorf begnügte sich nicht, mich auf
dieses Fragment zu verweisen, sondern hatte auch die Zuvorkommenheit, mir eine Zeichnung desselben zur Verfügung zu
stellen, die dankbar als Vorlage der oben eingedruckten Zinkätzung (Fig. 6) benützt worden ist. — Nur um geringes mehr weicht
im Gewandmotive von den oben angeführten Bildwerken eine Statuette aus dem Piräus ab, Mittheilungen des archäologischen
Instituts, athenische Abth., Bd. XIV., Taf. 4. Es hängt nämlich an ihr der über die linke Schulter gelegte Theil ihres Mantels
nicht frei herab sondern ist unter dem um den Körper gezogenen Bausch desselben gesteckt. Conze, a. a. O. S. 203 und
Wolters (Friederichs, Bausteine Nr. 1209) setzen sie in den Anfang des vierten Jahrhunderts und halten sie für die Votivfigur
eines Mädchens. Sollte sie in den Händen nicht Fackeln gehalten haben? Dann würde sie, wenn nicht Kora selbst, so eine
Sterbliche unter dem Bilde dieser Göttin darstellen.

Fig- 5-
 
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