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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Schneider, Robert von: Antike Bronzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0096
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Antike Bronzen.

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Figur in Amazonentracht mit dem Paludamentum über dem kurzen Chiton wirklich Atalante vorstellen
würde. Doch deuten sie Andere nicht ohne gute Gründe auf Virtus.1

Unser Figürchen ist von sorgfältiger Arbeit. Seine Augen sind aus Silber und mit eingebohrter
Pupille. Man könnte es in seiner Art vollendet nennen, sässe das Knie des auftretenden rechten Beines
nicht zu hoch, so dass der Unterschenkel zu lang, der Oberschenkel zu kurz gerathen wäre.

Wien, im April 1890.

1 Annali dell' Islituto i863, tav. d'agg. ABl. Die Deutung auf Virtus gibt Heibig ebd. S. 90; dagegen Immerwahr, de
Atalanta (Berliner Dissertation 1885), S. 53.

Die Schlussvignette zeigt in zwei Ansichten ein kleines bronzenes Gefäss in der Form eines Frauenkopfes (o'058 M.
hoch). Es soll aus »Grossgriechenland« stammen; im Sommer 1888 wurde es in Florenz für die kaiserliche Sammlung erworben.
Gefässe dieser Art sind in gebranntem und ungebranntem Thon und auch in Bronze nicht selten. Doch sind sie in der Regel in
ihrem oberen Theile als Oinochoen mit dreilappiger Mündung und hohem Ohrhenkel oder als Skyphi mit einem Henkelpaare
gebildet. Bronzene Kannen der ersteren Form sieht man in Neapel aus Präneste (Ceci piccoli bronzi, Taf. 4, 20), im Vatican
(Museo Gregoriano vol. II, tav. 9 oder 59 1 a, ib), im Conservatorenpalast des Capitols (im Zimmer der Berninischen Medusa).
Unser Stück ist diesen gegenüber von älterem Stilgepräge. Das Köpfchen erinnert an »Spiegelstützen«: griechischen Fund-
ortes, die dem fünften Jahrhunderte angehören. Es hat das Mundstück einer Lekythos und entbehrt des Henkels. Der offenbar
einfach scheibenförmig zu denkende Boden des Gefässchens fehlt jetzt. Uebrigens dürfte es gar nicht vollendet worden sein,
denn die zahlreichen Gussfehler an Gesicht und Hals wurden nicht entfernt und rechts klebt ein unförmlicher Bronze-
klumpen, aus dem wohl das im Gusse ausgebliebene oder missrathene linke Ohr hätte herausciselirt werden sollen.
 
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