Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

DOI issue:
Abhandlungen
DOI article:
Kenner, Friedrich: Bildnissmedaillen der Spätrenaissance
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0159
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
140

Friedrich Kenner.

möchte sie nicht in gleichem Masse zu erreichen, wenn die Ciselirung nicht von derselben Hand aus-
gegangen wäre; es ist schon oben darauf hingewiesen worden, wie wichtig unsere Schaumünze für die
Bestimmung des Meisters sei, welcher die grosse Medaille nach Dupre's Modell ausgeführt hat.

75. Silber, zweiseitig, geprägt, 45 Mm. Durchmesser. — Fig. 8.

MARIA - MAGD • ARCHID • AVSTR • MAG • DVX • ETR• Brustbild von links, mit Witwenschleier,
das einfache, vorne gefältelte Kleid mit hohem Stehkragen versehen. — Unter dem Armabschnitt im

Felde erhaben: GASP. — Rev. AETHERA. Paradiesvogel, sich über einer
Landschaft in die Wolken erhebend; in der Mitte des Hintergrundes
die Kuppel von S. Giovanni mit dem Campanile, links der Thurm
des Palazzo vecchio, rechts und links Bäume.

Die Umschrift zwischen einem von einer erhabenen sehr feinen
Linie begleiteten stärkeren und einem inneren feineren Perlenrande.

Die Vorderseite linsenförmig, das Gesicht voll von kleinen
Sprüngen. Auf der Rückseite ein grösserer Stempelsprung.
Ueber die Herkunft vergl. oben S. 137.

Auf der Rückseite einer vielleicht nachträglich gearbeiteten viel
grösseren Medaille auf die Erzherzogin Johanna, Gemahlin des Gross-
herzogs Franz, die übrigens in einem kleineren Bronzeexemplare (mit
46 Mm., gegossen) auch in der Medaillen-Sammlung des Aller-
höchsten Kaiserhauses vorhanden ist, sieht man einen sich in die Lüfte erhebenden Adler mit der
Umschrift: AD • ETHERA.1 Diese Rückseite und jene unserer oben beschriebenen Medaille sind völlig
verschieden; der Gedanke, der beiden Darstellungen zu Grunde liegt, ist aber gewiss derselbe und
daher zu vermuthen, dass sich die Letztere in der vorliegenden Form auf das Ableben der Gross-
herzogin-Witwe (-j- i63i) beziehe. Dies aber beweist weiter, dass hier die Verbindung eines älteren
Porträts mit einer später gearbeiteten Rückseite vorliege, welche kaum von Molo herrühren kann, da
er i63i schon längere Zeit in Rom angesiedelt war. Von dem Bildniss der Vorderseite wird sofort die
Rede sein.

76. Bronze, zweiseitig, gegossen, 42 Mm. Durchmesser.

Die gleiche Umschrift, das Bildniss nach derselben Naturaufnahme aber in etwas kleinerem
Massstabe ausgeführt und in einzelnen Details abweichend; Nase und Kinn erscheinen weniger kräftig,
die Haare an der Schläfe fehlen, ebenso die Signirung. — Rev. MENS IMMOTA. Tempelchen auf einem
Hügel, an dessen Abhängen vom Sturm gebeugte Bäume stehen; die Mitte des Hügels bietet die An-
sicht einer Felsenhöhle, von deren Decke Steine fallen; unten: i638.

Perlenrand auf Vorder- und Rückseite. — Der Rand der Medaille rings abgefeilt.

Aus dem alten österreichischen Cabinete. — Heraeus führt in seinem Journale zwei Exemplare
auf, das eine unter den von Marquis de Prie 1715 in Rom erworbenen Stücken (Journal, p. 176, Nr. 7)
und ein durch Grafen Gallas 1717 eingesendetes (ebenda, p. 192, Nr. 173).

Da die Grossherzogin-Witwe am 1. November i63i auf der Reise zum Besuche ihres Bruders,
Kaisers Ferdinand II., in Passau starb, die Rückseite aber von i638 stammt, ist auch die vorliegende
Medaille den Zwitterstücken beizuzählen, wie sie aus uns unbekannten Ursachen, vielleicht auf Be-
stellung aus noch vorhandenen Formen, einzeln (Vorder- und Rückseite für sich) abgegossen und dann
in willkürlicher Weise zusammengesetzt wurden.2

Das Bild der Grossherzogin-Witwe stellt sie wohl als Mitregentin ihres Sohnes dar, welche
Stellung sie neben Christiana nach der letztwilligen Anordnung Cosmo II. einnahm; demnach kann

1 Armand II, 258, Nr. 3 mit 85 Mm. Durchmesser aus seiner eigenen Sammlung.

2 Dieselbe Aufschrift findet man auf der Rückseite einer Medaille auf Maria und Karl II. von Mantua (Heraeus,
Journal, p. 240, Nr. 78).
 
Annotationen