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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Bildnissmedaillen der Spätrenaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0183
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Friedrich Kenner. Bildnissmedaillen der Spätrenaissance.

Als Schlussvignette ist ein kostbarer, reich gefasster Chalcedon-Camee abgebildet, welcher sich in der Sammlung
des Allerhöchsten Kaiserhauses befindet und auf blaugrauer Unterlage eine ziemlich starke, lichte, ins Röthliche spielende
Oberlage hat. In letztere ist mit grosser Meisterschaft die Darstellung der blumenstreuenden Aurora eingeschnitten, die
in einem mit dem Flügelrosse bespannten antiken Wagen über eine Flusslandschaft dahinfährt. Das Bild ist in allen
Einzelheiten jenem ähnlich, welches Jacopo Trezzo im Jahre 1552 als Rückseite seiner Medaille auf Hippolyta Gonzaga
arbeitete; selbst der Faltenwurf des Gewandes, der Hahn, der als Bote des Morgens auf der Deichsel steht, der gekrümmte
Baum im Vordergrunde rechts stimmen auf Medaille und Camee überein; nur hat Letzterer rechts oben ein Wölkchen
beigefügt, welches bei der Uebertragung der Composition aus der ovalen in die kreisrunde Form und infolge des Hin-
zutretens der Aufschrift auf der Schaumünze weggelassen ist. Der gleiche Revers ist auch für die Medaille Pasto-
rino's auf Herzogin Leonora von Mantua (aus dem Jahre 1561) verwendet worden; er ist oben (S. 117, Fig. 5) zu
dem Zwecke in Abbildung gegeben, dass man ihn mit der Abbildung des Camees in der Schlussvignette vergleiche. Da
Trezzo die Vorder- und Rückseite der Medaille auf Hippolyta mit seiner Namensigle versah (Armand I, 241, Nr. 1), so
ist die Darstellung der Aurora ohne Zweifel sein Werk; da er ferner als Edelsteinkünstler ebenso berühmt war wie als
Medailleur, kann auch unser Camee nur von seiner Hand herrühren; schon die vollendete Durchführung weist auf einen
bedeutenden Künstler dieses Faches hin. Trezzo hat also die gleiche Composition in Halbedelstein und in einer Medaille
ausgeführt, wahrscheinlich den Camee früher als die Schaumünze. Sicher wollte er mit Aurora die gefeierte Prinzessin
selbst darstellen; Erstere erscheint mit dem gleichen Haarputze und den gleichen jugendfrischen Gesichtszügen wie Letztere,
so dass man Josef Arneth's Vermuthung,i Aurora sei eben Hippolyta, sehr wohl beipflichten kann. Man darf viel-
leicht annehmen, dass der Camee im Jahre 1548 zu ihrer ersten Vermählung mit Fabrizio Colonna hergestellt und die
schöne Composition erst vier Jahre später für die Medaille verwendet worden sei.

' Die Cinquecento-Cameen des k. k. Münz- und Antikencabinetes (1858), S. 108, Taf. XIV.
 
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