Die Landschaften der Gemälde-Galerie.
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Darstellung der Thiere sich kundgebenden, sehr tüchtigen und emsig detaillirenden Zeichnung in seinen
Schöpfungen nicht auf die Höhe der eines Bassanozu stellen, wofür ihm in erster Linie das Stimmungs-
moment fehlt, die Tiefe und Wärme der Natur-
empfindung, welche allen Bassano'schen Dar-
stellungen innezuwohnen pflegen. Dazu trat
wohl auch einflussnehmend auf die Werke Ca-
stiglione's die sich bereits zu dieser Zeit gel-
tend machende decorative Aeusserlichkeit der
Kunstanschauung sowie auch die Massenpro-
duktion dieses viel beschäftigten Malers.
Die nächste Reihe von Bildern italienischer
Meister, welche im Hinblick auf ihre landschaft-
lichen Theile zu untersuchen wären, stehen in
der kunstwissenschaftlichen Anordnung — wenn
man so sagen darf — unter der Firma »Rö-
mische Schule«, wenngleich man heute geneigt
ist, diese Annahme für apokryph zu erklären, in-
dem in richtiger Erwägung der Thatsachen dar-
gelegt wird, dass Roms Kunst zu allen Zeiten
keinen eigentlichen Localcharakter gehabt son-
dern seine Künstler von auswärts bezogen habe,
die dann in Rom ihre Kunst ausübend, ihren An-
hang fanden und Künstlergruppen bildeten, ohne
dass sich aber eine streng in sich abgeschlossene,
charakteristische Schule herauskrystallisirt hätte.
Indem sonach Rom gewissermassen nur der Sam-
melpunkt von Künstlern aller Länder wurde,
deren dort geschaffene Werke den Ruf ihrer Un-
sterblichkeit in alle Welt trugen, lag es bei nur
einigem Localpatriotismus nahe genug, die Summe
dieser Kunstleistungen als den Ausfluss einer rö-
mischen Schule zu bezeichnen. Dasselbe Rom
hat aber auch heute in seiner Kunstproduction
keinen localen Charakter angenommen; sowie
seinerzeit ziehen die Künstler in grosser Zahl
nach der Kunstmetropole und verhüten durch
ihr kosmopolitisches Wirken das Emporblühen
eines speciell localen Geistes, zu dessen Erzielung
vor Allem Ruhe und zur Beschaulichkeit führende
Abgeschlossenheit gehören.1 Wenn jedoch Rom
jemals mit einem Zweige der Kunstproduction
in einem gewissermassen localcharakteristischen
Zusammenhange stand, so dürfte dies vor Allem
Fig. 6. Correggio, »Ganymed«.
1 In Deutschland ist es Berlin, das es durch den stets wechselnden Eintritt fremder Elemente trotz der dahin
zielenden sichtlichen Bemühungen bisher in seiner Kunstausübung zu keiner ausgesprochenen Volksthümlichkeit zu bringen
vermochte. Es geht daraus hervor, dass wahrhaft charakteristische Kunststätten eben nur dann entstehen, wenn dieselben
womöglich unbeeinflusst, aus sich heraus ihre Entwicklung nehmen können. Würde beispielsweise Frankreich gleich
Italien in den verschiedensten Bezirken seines nationalen Gesammtstaates bedeutsame Kunstepochen gehabt haben, so
wäre Paris wohl vielleicht gleich Rom eine Art von Vereinigungspunkt geworden, niemals aber, was es eben ist, die
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Darstellung der Thiere sich kundgebenden, sehr tüchtigen und emsig detaillirenden Zeichnung in seinen
Schöpfungen nicht auf die Höhe der eines Bassanozu stellen, wofür ihm in erster Linie das Stimmungs-
moment fehlt, die Tiefe und Wärme der Natur-
empfindung, welche allen Bassano'schen Dar-
stellungen innezuwohnen pflegen. Dazu trat
wohl auch einflussnehmend auf die Werke Ca-
stiglione's die sich bereits zu dieser Zeit gel-
tend machende decorative Aeusserlichkeit der
Kunstanschauung sowie auch die Massenpro-
duktion dieses viel beschäftigten Malers.
Die nächste Reihe von Bildern italienischer
Meister, welche im Hinblick auf ihre landschaft-
lichen Theile zu untersuchen wären, stehen in
der kunstwissenschaftlichen Anordnung — wenn
man so sagen darf — unter der Firma »Rö-
mische Schule«, wenngleich man heute geneigt
ist, diese Annahme für apokryph zu erklären, in-
dem in richtiger Erwägung der Thatsachen dar-
gelegt wird, dass Roms Kunst zu allen Zeiten
keinen eigentlichen Localcharakter gehabt son-
dern seine Künstler von auswärts bezogen habe,
die dann in Rom ihre Kunst ausübend, ihren An-
hang fanden und Künstlergruppen bildeten, ohne
dass sich aber eine streng in sich abgeschlossene,
charakteristische Schule herauskrystallisirt hätte.
Indem sonach Rom gewissermassen nur der Sam-
melpunkt von Künstlern aller Länder wurde,
deren dort geschaffene Werke den Ruf ihrer Un-
sterblichkeit in alle Welt trugen, lag es bei nur
einigem Localpatriotismus nahe genug, die Summe
dieser Kunstleistungen als den Ausfluss einer rö-
mischen Schule zu bezeichnen. Dasselbe Rom
hat aber auch heute in seiner Kunstproduction
keinen localen Charakter angenommen; sowie
seinerzeit ziehen die Künstler in grosser Zahl
nach der Kunstmetropole und verhüten durch
ihr kosmopolitisches Wirken das Emporblühen
eines speciell localen Geistes, zu dessen Erzielung
vor Allem Ruhe und zur Beschaulichkeit führende
Abgeschlossenheit gehören.1 Wenn jedoch Rom
jemals mit einem Zweige der Kunstproduction
in einem gewissermassen localcharakteristischen
Zusammenhange stand, so dürfte dies vor Allem
Fig. 6. Correggio, »Ganymed«.
1 In Deutschland ist es Berlin, das es durch den stets wechselnden Eintritt fremder Elemente trotz der dahin
zielenden sichtlichen Bemühungen bisher in seiner Kunstausübung zu keiner ausgesprochenen Volksthümlichkeit zu bringen
vermochte. Es geht daraus hervor, dass wahrhaft charakteristische Kunststätten eben nur dann entstehen, wenn dieselben
womöglich unbeeinflusst, aus sich heraus ihre Entwicklung nehmen können. Würde beispielsweise Frankreich gleich
Italien in den verschiedensten Bezirken seines nationalen Gesammtstaates bedeutsame Kunstepochen gehabt haben, so
wäre Paris wohl vielleicht gleich Rom eine Art von Vereinigungspunkt geworden, niemals aber, was es eben ist, die