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August Schacffcr.
des Meisters »Die Heimsuchung der Maria«1 (Fig. 10), wenn sie auch an Feinheit und Fülle des Tones
dem Hintergrunde des vorigen Bildes nachsteht. Rechts sehen wir das Haus, aus dessen Thore Elisa-
beth und Zacharias herausgeeilt sind, um die Ankommenden zu begrüssen. Mägde sind neugierig an
die Thürschwelle getreten. An das Haus des Zacharias schliessen sich noch weitere Gebäude an, vor
denen verschiedene Personen beschäftigt sind. Im Mittelgrunde ist eine Baumgruppe angebracht, von
deren Dunkel sich die umarmenden Frauen abheben. Wellige Terrains erstrecken sich gegen den
Hintergrund zu, woselbst zwischen Bäumen allerlei grössere Bauwerke und Häuser herausragen. In
sanftem Linienwechsel erheben sich dahinter die in tiefblauen Tönen gehaltenen Berge, über denen
sich der theilweise mit allerlei Gewölke bedeckte Himmel wölbt. Links bringt eine dunkle Baum-
Fig. 10. Palma, »Die Heimsuchung der Maria«.
gruppe das Bild coulissenartig zum Abschluss. Die volle Freiheit und Breite, mit der dieser reiche land-
schaftliche Grund behandelt ist, bestätigt die im Kataloge Engerth's ausgesprochene Annahme, dass das
Werk in die spätere Zeit des Künstlers zu setzen sei.
Es wird als zweifellos angenommen, dass Bonifazio Veneziano, dessen Namen eine so grosse
Anzahl von Werken führt,2 Palma's Schüler gewesen sei, und genügt zur Bestätigung dieser Annahme
ein Blick auf sein schönes Werk in der kaiserlichen Gemälde-Galerie: »Maria mit dem Kinde und
Heiligen«,3 welches uns die directen Einflüsse Palma's wahrnehmen lässt, und zwar sowohl in den
Charakteren der dargestellten Personen als auch in der allgemeinen Anordnung. Aber ebenso geht der
Bau des landschaftlichen Grundes von den gleichen Principien wie bei Palma aus; denn der Gang der
Composition ist sowohl in linearer als coloristischer Beziehung der gleiche. So füllt Bonifazio die
1 Nr. 3i7 des beschreibenden Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldesammlung von Eduard R. v. Engerth; aus
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm, Inventar vom Jahre 1659, Nr. 64.
2 Nr. 68 des beschreibenden Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldesammlung von Eduard R. v. Engerth; aus
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm, Inventar vom Jahre 1659, Nr. 91, und zwar als Palma Vecchio ver-
zeichnet und beschrieben,
3 Siehe Cesare Bernasconi, Geschichte der veronesischen Malerschule, über die Bonifazio; desgl. Lermolieff, Die
Galerien Borghese und Doria Pamfili in Rom, S. 314.
August Schacffcr.
des Meisters »Die Heimsuchung der Maria«1 (Fig. 10), wenn sie auch an Feinheit und Fülle des Tones
dem Hintergrunde des vorigen Bildes nachsteht. Rechts sehen wir das Haus, aus dessen Thore Elisa-
beth und Zacharias herausgeeilt sind, um die Ankommenden zu begrüssen. Mägde sind neugierig an
die Thürschwelle getreten. An das Haus des Zacharias schliessen sich noch weitere Gebäude an, vor
denen verschiedene Personen beschäftigt sind. Im Mittelgrunde ist eine Baumgruppe angebracht, von
deren Dunkel sich die umarmenden Frauen abheben. Wellige Terrains erstrecken sich gegen den
Hintergrund zu, woselbst zwischen Bäumen allerlei grössere Bauwerke und Häuser herausragen. In
sanftem Linienwechsel erheben sich dahinter die in tiefblauen Tönen gehaltenen Berge, über denen
sich der theilweise mit allerlei Gewölke bedeckte Himmel wölbt. Links bringt eine dunkle Baum-
Fig. 10. Palma, »Die Heimsuchung der Maria«.
gruppe das Bild coulissenartig zum Abschluss. Die volle Freiheit und Breite, mit der dieser reiche land-
schaftliche Grund behandelt ist, bestätigt die im Kataloge Engerth's ausgesprochene Annahme, dass das
Werk in die spätere Zeit des Künstlers zu setzen sei.
Es wird als zweifellos angenommen, dass Bonifazio Veneziano, dessen Namen eine so grosse
Anzahl von Werken führt,2 Palma's Schüler gewesen sei, und genügt zur Bestätigung dieser Annahme
ein Blick auf sein schönes Werk in der kaiserlichen Gemälde-Galerie: »Maria mit dem Kinde und
Heiligen«,3 welches uns die directen Einflüsse Palma's wahrnehmen lässt, und zwar sowohl in den
Charakteren der dargestellten Personen als auch in der allgemeinen Anordnung. Aber ebenso geht der
Bau des landschaftlichen Grundes von den gleichen Principien wie bei Palma aus; denn der Gang der
Composition ist sowohl in linearer als coloristischer Beziehung der gleiche. So füllt Bonifazio die
1 Nr. 3i7 des beschreibenden Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldesammlung von Eduard R. v. Engerth; aus
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm, Inventar vom Jahre 1659, Nr. 64.
2 Nr. 68 des beschreibenden Verzeichnisses der kaiserlichen Gemäldesammlung von Eduard R. v. Engerth; aus
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm, Inventar vom Jahre 1659, Nr. 91, und zwar als Palma Vecchio ver-
zeichnet und beschrieben,
3 Siehe Cesare Bernasconi, Geschichte der veronesischen Malerschule, über die Bonifazio; desgl. Lermolieff, Die
Galerien Borghese und Doria Pamfili in Rom, S. 314.