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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 12.1891

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Hess-Diller, Friedrich: Das Officium beatate Mariae virginis in der k. und k. Familien-Fideicommiss-Bibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.5903#0334
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296

Friedrich Freiherr von Hess-biller. Das Officium heatac Mariae virßinis.

K. v. Preisach (mit den Buchstaben: GVM A, vermuthlich: Gott vor meinen Augen): Katharina
von Breisach, Tochter des Ritters Franz von Breisach, 1562 vermählt mit Jakoh von Attems (Mair-
hofen, a. a. O.).

M. Fuxin (mit den Buchstaben: W G W, vermuthlich: Wie Gott will): Margaretha Fuchs von
Fuchsberg, Tochter Christophs Fuchs von Fuchsberg und der Helene Freiin von Welsberg, nachmals
mit Georg Freiherrn von Firmian vermählt, f 1590 (Mairhofen).

Eua von Arzt (mit den Buchstaben: MHZG, vermuthlich: Meine Hoffnung zu Gott): Eva von
Arzt, heute Arz. Sie hat »ain zait lang in der durchlauchtigsten fürstinen etc. frauenzimmer alhie
gedient«, heiratete 1561 Georg Kirchmair und erhielt dazu von den Erzherzoginnen ein Hochzeits-
geschenk (Raitbuch 1561, Fol. 105, 107).

Bezüglich der noch vorhandenen vier Signaturen: A. v. Aladar, V. v. Pempfling, J. v. Gera und
Sywinerin Hess sich nichts Bestimmtes feststellen. Dasselbe gilt für den auf der Innenseite des rück-
wärtigen Buchdeckels eingezeichneten loan. Geor. Barot D. mit der Jahreszahl 1561 [oder 1581).

Veranschaulicht der bildliche Schmuck des Codex die künstlerische Geschmacksrichtung einer
ganzen Bevölkerungsgruppe während eines bestimmten Zeitraumes, so scheinen diese eingezeichneten
Namen flüchtige Spuren, welche die Blätter im Laufe der Zeiten und Begebenheiten empfingen, zunächst
an die Schicksale Einzelner gemahnend, vermöge des Charakters der genannten Persönlichkeiten aber
an die gewaltigsten geschichtlichen Ereignisse anklingend. Sie bilden gewissermassen zwei Gruppen,
welche zu einander in scharfem Gegensatze stehen. Die, der Zeit nach genommen, erste enthält die
Unterschriften zweier Männer, von denen der Eine im Kampfe um weltliche Macht bis an sein frühes
Ende keine Ruhe fand und schon zu jener Zeit, da er an den Rand des Blattes seinen Namen hinsetzte,
mitten in Parteizwist und Fehde stand, während der Andere, der Freund des gelehrten Erasmus, trotz
seiner sehr katholischen Gesinnung1 jener geistigen Strömung folgte, die in immer mächtigeren Wellen
durch Europa zu rauschen begann; in Innsbruck dagegen ein still in sich abgeschlossener Frauenkreis,
unberührt von weltlichem Zwist, lebend in fast klösterlicher Zurückgezogenheit, die ein Theil seiner
Mitglieder später auch wirklich aufsuchte.

Von wem das Monogramm auf Blatt 26 herrührt, Hess sich nicht feststellen; mit Rücksicht auf das
beigefügte Motto scheint es aber der ersten Gruppe anzugehören. Dadurch, dass es beim Beschneiden
des Blattes lädirt wurde (vergl. Fig. 3), zeigt es nur, dass der Einband des Buches schon einmal er-
neuert worden sein muss. Der jetzt vorhandene besteht aus zwei ganz gleichen Deckeln, die mit rothem
Leder überzogen sind, auf dem vermuthlich mittelst sogenannter Fileten das Muster eingepresst wurde.
Das erhabene Rankwerk war mit Lackfarben bemalt, von denen jedoch wenig erhalten blieb; der Grund
ist Gold. Er trägt den Charakter der im XVI. Jahrhundert vorzüglich in Paris gefertigten Bücherein-
bände; namentlich erinnert er an die in jeder grösseren Sammlung vertretenen sogenannten Grolier-
deckel, welche in ihrer ornamentalen Anordnung wieder auf orientalische, besonders persische Muster
zurückweisen. Da er seinem Stile nach der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts angehört, man aber aus
dem guten Zustande des Codex zu schliessen berechtigt ist, dass eine gewaltsame Beschädigung die frühe
Erneuerung des ursprünglichen Einbandes nicht veranlasst haben könne, so wird auch dadurch die An-
nahme bestätigt, unser Gebetbuch sei nicht viel nach der Mitte des XV. Jahrhunderts vollendet gewesen.

1 Er hatte in französischer Sprache eine kleine Abhandlung gegen die Irrlehre Luther's geschrieben.
 
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