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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 18.1897

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Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Die ältesten Medaillen und die Antike
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https://doi.org/10.11588/diglit.5779#0091
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Julius von Schlosser.

Rev. gleichwie i. Gleicher Stempel. Perlenrand. Das von Guiffrey (s. u.) pl. III, 3 abgebildete
Exemplar hat einen etwas anderen Revers (den Carro im Vierpass). Beide Reverse sind den Münzen
der Carraresen entnommen. S. Dall'Acqua, a. u. a. O., p. 15. Alter Abguss.

Bronze, 33 Mm., 19/19 gr.

Es existiren von beiden Stücken zweifellos geprägte Exemplare. Das Vorhandensein zahlreicher
Abgüsse beweist nichts gegen die Technik des Originals: Guiffrey1 ist daher mit seiner Polemik
gegen Friedländer vollständig im Unrecht. Von der Medaille Franz I. besitzt die königl. Sammlung zu
Berlin zwei geprägte Exemplare in Bronze.2 Das von Guiffrey abgebildete Exemplar (im Besitze des Herrn
Valton) ist seiner Angabe nach gegossen,3 ebenso wie die Medaille Franz II. in Wien; das Exemplar
der letzteren Medaille im Pariser Cabinet des medailles ist in Silber gegossen. Ein geprägtes Exem-
plar dieses Stückes, einseitig, in Bronze, befindet sich im Museo Civico Correr zu Venedig4; ein ähn-
liches, jedoch in Silber und nach Art der archaischen Münzen Unteritaliens derart einseitig geprägt,
dass die vertiefte Kehrseite dem Relief des Averses folgt, besitzt die Berliner Sammlung von der Me-
daille Franz I. Friedländer's Vermuthung dürfte das Richtige treffen, dass diese (wegen der Höhe des
Reliefs) getrennt geprägten Seiten später durch Goldschmiedearbeit vereinigt wurden; wahrscheinlich
waren solche Ausprägungen in edlem Metall zu Ehren- und Geschenkmünzen bestimmt.

Beide Medaillen nennen auf ihren Reversen ausdrücklich ein historisches Ereigniss: die Einnahme
Paduas durch den jüngeren Francesco am ig. Juni i3go. Sie sind also als Denkmünzen auf dieses für
das Haus Carrara so bedeutsame Ereigniss ausgebracht worden. Ob die erste wirklich den älteren
Franz darstellen soll, könnte zweifelhaft sein; jedoch macht die Verschiedenheit der Porträte und der
ausdrückliche Zusatz »iunior« auf der zweiten diese allgemeine Annahme ziemlich wahrscheinlich. Ist
doch der Vater Francesco auch während seiner Gefangenschaft, aus der ihn der Sohn vergeblich zu
befreien versuchte, — Gian Galeazzo kannte zu gut die Gefährlichkeit des alten Fuchses von Carrara —
stets der Rathgeber und Inspirator des Novello geblieben.5 Der Sohn mochte es als Ehrenpflicht em-
pfinden, das Bildniss seines Vaters, der an der Wiedergewinnung Paduas wenigstens intellectuellen An-
theil hatte, auf seinen Denkmünzen zu verewigen.

Wir erhalten damit eine sichere Datirung. Beide Medaillen sind, offenbar zu gleicher Zeit, kurz
nach der Einnahme Paduas, vielleicht noch im gleichen Jahre i3go entstanden, sind also die ältesten
Medaillen im modernen Sinne, von denen wir wissen, wenn auch Denkmünzen dem Mittelalter nicht
gänzlich unbekannt geblieben sind.6 Doch handelt es sich bei diesen letzteren immer um eigentliche
Münzen, die an dem Geldverkehre Theil haben, während die Medaillen der Carrara, wenn auch aus
einem Münzatelier hervorgegangen, in dieser Beziehung selbstständig sind, also den Charakter der
modernen Medaille an sich tragen.

Beide Stücke haben schon seit dem vorigen Jahrhunderte die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf
sich gelenkt. Verci7 beschreibt sie eingehend und tritt für ihre Echtheit ein; in Deutschland haben
Köhler8 und Möhsen9 über sie gehandelt; auch Litta 10 hat sie in sein grosses Werk aufgenommen. In
neuerer Zeit hat dann der treffliche Julius Friedländer in Berlin mit scharfsinnigen Gründen ihre
Echtheit verfochten, zuerst schon 1868 in einer nicht in den Handel gekommenen Gelegenheitsschrift11

I In seinem gleich zu erwähnenden Aufsatze.
- Gütige Mittheilung Directors v. Sallet.

3 Andere Exemplare in der Raccolta Bottacin des Museo Civico zu Padua und im städtischen Museum zu Verona.

4 Ich schulde dem Conservator dieses Museums, Abate Nicoletti, herzlichen Dank für mannigfache Unterstützung
meiner Studien.

5 Vgl. Cittadella, a. a. O. II, 168.

' Dannenberg in der Zeitschrift für Numismatik XIII, 322 ff.

7 In Zanetti's Sammelwerk: Monete e zecche d'Italia III, 417.

8 Historischer Münzbelustigung V. Theil, Nürnberg 1733, S. 321 (mit Kupfer).

5 Beschreibung einer Berlinischen Medaillensammlung, Berlin und Leipzig 1773, I, 110.

10 Famiglie celebri Italiane, Fase. XXII, Carraresi di Padova, Milano i83i, tav. I; cf. auch Dall'Acqua Giusti, Delle
monete, tessere, e medaglie dei Carraresi, Venezia 1851, p. 40 ff., der sich reservirt verhält.

II »Welches sind die ältesten Medaillen?«
 
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