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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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List, Camillo: Zacharias Lencker
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0009
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Camillo List.

macht hätte, aufkommen. Daher schreibt auch Hainhofer am 12. August an den Herzog, dass er dem
Herzog »underthenig nit bergen kann, dass der Christoph Lencker einen sehr vleissigen söhn gehabt,
der die silberne passionsteffelen getriben ... So hat er (Christoph) mit mir geredt, ob ich nicht möchte
den Jean de Voss brauchen . . . Lencker hat noch 1 täffeien under handen, das sein söhn angefangen;
das will er vollends ausmachen«. Ueber das weitere Schicksal dieser Tafeln sagt Hainhofer am 5. Juni
i6i3, kurz vor dem Ableben Christoph Lencker's, dass er »dem fürsten geschrieben, der Paul de Vien
(Vianen), Niderlander, so die passionstafeln in Hollandt ausmahlen wollen, seie zu Prag gestorben, das
also der 1. maister darüber gangen, der dise passionstafeln under handen gehabt, werdt sich nit gern
mehr jeder wollen daran reiben; wöll's mit Altensteterss gsell versuchen«. Jedenfalls bezieht sich die
Meistermarke »J. K. F.« auf denjenigen Goldschmied, der die Serie der Passionstafeln vollendet hat.

Die vier von Zacharias getriebenen Stücke: Christus auf dem Oelberg, Judaskuss, Kreuzigung und
Grablegung, tragen die Meistermarke des Christoph Lencker, da derselbe als Meister den Beschau-
meistern verantwortlich war, Zacharias ja nur als Geselle bei ihm gearbeitet hatte; ferner den Augs-
burger Stadtpyr. Diese beiden Marken sind eingeschlagen, überdies die Signatur Zacharias Lencker's
»Z L F« eingepunzt, wie Lessing sagt. Wenn nun Lessing in seinem Aufsatz (S. 64) vermuthete, dass
»ein Meister C L in Augsburg die Stücke in Auftrag bekommen habe, dass aber der ausführende Geselle,
wohl ein Familienmitglied Z L, gereizt durch die künstlerhafte Bezeichnung der Körver'schen Platten,
diese ungewöhnliche Betonung seiner persönlichen Arbeit angebracht hat«, so wird diese Vermuthung
durch obige Darstellung bestätigt. Auch die Zuschreibung der Marke C L an Christoph Lencker hat
sich, wie Rosenberg in seinem Werke »Der Goldschmiede Merkzeichen« darlegt, als richtig erwiesen.

Im kunsthistorischen Hofmuseum befindet sich nun im Saale XIX, Vitrine 1, Nr. 246, eine ge-
triebene Silberplatte (s. Taf. I) in gleichzeitiger Umrahmung aus gebeiztem Holze mit aufgesetzten
Silberornamenten. Auch sie trägt dieselben Bezeichnungen wie die Rügenwalder Tafeln. Das Augs-
burger Beschauzeichen und die Meistermarke Christoph Lencker's sind ebenfalls eingeschlagen, während
die Bezeichnung des Zacharias Lencker »Z L« mit dem Stichel eingegraben ist.

Wir sehen in der Mitte des Vordergrundes zugleich als Mittelpunkt der ganzen Handlung das
Christkind auf einem Kreuz mit Titulus liegen, welches sich auf einer roh gezimmerten Truhe befindet.
Die Härte dieses Lagers ist durch ein untergelegtes Fell und Linnen gemildert. Umgeben ist das Kind
von Maria, Josef und neun Engeln, und zwar in folgender Weise: an des Erlösers linker Seite kniet
Maria mit gefalteten Händen; hinter ihr steht Josef, hinter welchem zwei Engel sichtbar werden, von
denen der eine eine brennende Fackel hält. Vor dieser Gruppe steht zur Linken Mariae ein Engel, in
beiden Händen die Leiter haltend. Zu Häupten des Christkindes kniet ein anderer mit über der Brust
gekreuzten Armen, in der rechten Hand die Ruthe, in der Linken die Geissei haltend. Hinter diesem
befindet sich eine Gruppe von drei Engeln, von denen der eine, himmelwärts blickend, das Spottrohr
hält; zu seiner Linken steht der zweite, die Lanze und die Stange mit dem Essigschwamm haltend;
ihm gegenüber, zur Rechten des ersten, beugt sich der dritte vor, in den Händen eine Tasse mit einem
Giessgefäss haltend. Zur rechten Seite des Christkindes befindet sich ein knieender Engel mit dem
Veroneikon; hinter diesem steht ein anderer, die Geiselsäule haltend. Im Vordergrunde befinden sich
noch einige Passionswerkzeuge, und zwar die Laterne, das Schwert Petri, das Ohr des Malchus, eine
gefingerte Hentze, das Kleid mit den drei Würfeln. In der Luft fliegen auf Wolken drei Engelknäb-
chen, von denen der eine die Dornenkrone und die drei Nägel, der andere Zange und Hammer hält.
Der Hintergrund gewährt auf der einen Seite eine sehr schöne Perspective auf Bogengänge, auf der
anderen sieht man Hügelketten mit einigem Pflanzenwuchs.

Was die Composition der Darstellung betrifft, so ist sie jedenfalls nicht von Zacharias selbst.
Entweder lag ihm ein Kupferstich oder eine Handzeichnung vor. War das letztere der Fall, so ist die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Rottenhammer der Urheber derselben war; stilistisch würde
nichts dagegen sprechen. Es wird von Hainhofer sogar eine ähnliche Zeichnung erwähnt; im Briefe
vom 17. October 1610 heisst es nämlich, dass Christoph Lencker ein durchbrochenes Kreuz in der
Arbeit habe für das Sacramentshäuschen in der heil. Kreuzkirche in Augsburg, zu dem »Rothenhaimber
 
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