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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0013
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

7

hunderte finden: Fernando der Heilige von Castilien (Nr. 142) und Jaime II. von Aragon (Nr. 142 A),
sowie ein portugiesischer König des XIV. Jahrhunderts: Juan I. (Nr. 144), so kann dies wohl nur dar-
auf zurückgeführt werden, dass ihre Bildnisse wegen entfernter Beziehungen zum Erzhause auf-
genommen wurden. Unter den Celebritäten finden wir nur sechs Heerführer, von welchen drei
den Schauplatz ihrer Thätigkeit überwiegend in Italien1 aus Anlass der Kriege um den Besitz von
Neapel und Mailand gefunden haben; den mexicanischen Kriegsschauplatz vergegenwärtigen einer,2
den niederländischen zwei Heerführer3 jüngerer Zeit. So knapp diese Auswahl ist, wird durch sie
doch an die wichtigsten Ereignisse in der heimischen und auswärtigen Kriegsgeschichte des Reiches
erinnert. Von Staatsmännern finden wir nur die beiden Granvela,4 die allerdings fast durch das ganze
XVI. Jahrhundert bestimmend auf die Schicksale von Spanien Einfiuss genommen haben. Dagegen sind
die Entdecker neuer Erdtheile, da Christoph Columbus und Amerigo Vespucci nicht den spanischen
sondern den italienischen Celebritäten beigezählt wurden,5 nur durch Magellan6 vertreten. Kunst
und Wissenschaft haben unter unseren spanischen Bildnissen keinen Repräsentanten gefunden. Ramon
Lulius' erscheint nicht als Gelehrter sondern als Glaubensverbreiter, welcher bei dem einheimischen
Volke die Verehrung eines Heiligen genoss. Es entspricht dies dem Gange der Entwicklung spanischer
Bildung, deren Höhepunkt und über die Grenzen des Reiches hinausgreifender Ruhm einer späteren
Zeit angehört als die Bildung unserer Porträtsammlung.

Was die benützten Quellen betrifft, so gilt für unsere kleinen Bilder wohl dasselbe, was bezüglich
der grösseren Bildnisse der kaiserliche Gesandte in Spanien, Hanns Khevenhüller, am 22. September
1577 aus Madrid an den Erzherzog berichtet. Die Zahl der spanischen Könige bis auf den jetzigen sei
60, von denen die meisten vor hundert Jahren zu Segovia auf einem Saale in ihren altvaterischen Trach-
ten in ganzer Länge »in relevo« gemacht und mit Farben gemalt worden seien. Die übrigen würden
in »des Königs recamera«, etliche aber und die besten zu Granada und Sevilla gefunden, die aber zum
Abmalen leicht zu bekommen seien; überdies würden auch einige andere von ansehnlichen, namhaften
Leuten vorhanden sein.8 Wie Khevenhüller selbst hervorhebt und auch aus seinen Worten hervor-
leuchtet, hat er sich über die Quellen wohl unterrichtet und dürften dieselben, wenngleich das Unter-
nehmen im Grossen nicht durchgeführt wurde — da Alonso Sanchez de Coello ein Porträt nicht unter
50 Ducaten malen wollte —,9 doch die damals zur Bildung von Porträtsammlungen verfügbaren Ma-
terialien in der Hauptsache bezeichnen. Im Jahre 157g übersendet Khevenhüller in der That zwei alte
Königsbilder, von Coello gemalt, jedes zu 47 Ducaten;10 welche Könige dies aber seien, ist nicht
gesagt; gewiss sind dies Ferdinand der Heilige von Castilien (Nr. 142) und Jaime II. von Aragon
(Nr. 142 A); denn man darf annehmen, dass die erwähnten Quellen auch für unsere Sammlung kleiner
Bildnisse benützt worden sind.

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich der kunstgeschichtliche Charakter der Originale, soweit
er aus den Copien erkennbar ist. Sie sind keineswegs alle heimischen Ursprungs. Man wird diesen mit
voller Sicherheit nur von dem alterthümlichen Bildniss des Königs Juan I. von Portugal (Nr. 144), mit
grosser Wahrscheinlichkeit von jenen der älteren Könige von Castilien und Aragon (Nr. 142,142 A, 143),
die auf Sculpturen zurückgehen und von jenen des Alba (Nr. 146), Cortez (Nr. 147) und Magellan
(Nr. 155) annehmen dürfen. Die Namen ihrer Meister liegen im Dunkeln, da die Beziehung der aus
Archivalien erforschten Künstlernamen auf die zahlreichen anonymen Werke altspanischer Kunst noch

1 Gonzalo de Cördoha, Nr. 148, 149. — Leva, Nr. 153, 153 A. — Navarro, Nr. 156.

2 Cortes, Nr. 147.

3 Alba, der auch in Italien und Portugal thätig war, Nr. 146. — Verdugo, Nr. 157.

4 Nicolas Perrenot, der Vater, Nr. 150. — Cardinal Anton, Nr. 151, 152.

5 Vgl. Jahrbuch XVIII (1897), S. 219, Nr. 78, und S. 259, Nr. 140.

6 Nr. ISS.

7 Nr. 154.

8 Jahrbuch XIV (1893), Regest 10698.

9 Ebenda, Regest 10720.

10 Ebenda, Regest 10782.
 
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